VF 058 (Sendung vom 11.02.1978)
Filmfälle
Betrüger suchen neue Opfer
- Details: Menschen mit schwerem Schicksal und Herkunft aus anderem Gesellschaftssystem werden neuerdings zunehmend Opfer von Betrügern: 41jähriger Andreas Nowak, Ehefrau Hanna und Tochter Frederike gehören zu jährlich 50.000 deutschstämmigen Aussiedlern, die von Osteuropa in Bundesrepublik ziehen, Grenzdurchgangslager Friedland sowie weitere Wohnheime durchlaufen. Familie stammt aus ehemaligem Nikolaiken in Polnisch-Masuren, musste dort bis auf geringes Reisegepäck alles aufgeben, als sie endlich umsiedeln durfte. Sitzt jetzt in Amtsstube, wo persönliche Daten aufgenommen werden. Ehepaar erklärt, dass es keine Heiratsurkunde von 1956 mehr hat. Alle sprechen Deutsch, haben aber nie Deutsch lesen und schreiben gelernt. Nach kurzer Diskussion lässt sich auch Herr Nowak überzeugen, auf Vorschlag von Sachbearbeiterin mit Frau und Tochter Sprachkurs zu besuchen. Ämter unterstützen zwar mit Finanzhilfe, bei Wohnungs-, Arbeitssuche, dennoch werden sich Nowaks noch lange wie in fremder Welt fühlen. Unbekannte Gefahren lauern bereits in Person zweier Männer, die oft zum Wohnheim kommen: Sprechen ihnen namentlich bekannten Bewohner an, erfahren so von Ankunft der Familie Nowak in Haus C. Stellen sich bei Nowaks als helfende Berater für Neuankömmlinge vor: Herr Breitner vom Möbelzentrum will sich um Einrichtung endgültiger Wohnung kümmern, Herr Hellwich bearbeitet Rente, Lebensversicherung. Nowaks können Angebote der Vertreter nicht von sonstiger Unterstützung unterscheiden, sind begeistert von Möbelprospekten. Laut Herrn Breitner kann Küche flexibel auch in kleine Wohnung eingepasst werden, Preis von 8.000 DM sei bei Ratenzahlung fast nicht spürbar. Aus Unerfahrenheit unterschreibt Herr Nowak Blankovertrag, da schnelle Unterschrift notwendig sei, um rechtzeitige Lieferung der Bestellung zu garantieren. Dann verspricht Herr Hellwich Herrn Nowak Auszahlung von 50.000 DM mit 65 bzw. entsprechende Absicherung seiner Familie im Unglücksfall. Die Versicherung sei Pflicht in Deutschland; Herr Nowak unterschreibt auch hier. Als später neue Wohnung bezogen wird, stellt sich heraus, dass kein Platz für ganze Möbellieferung da ist. In Blankovertrag wurden nachträglich überhöhte Preise sowie Möbel eingetragen, die Familie nicht brauchen kann. Inklusive zu teurem Versicherungsvertrag waren Nowaks nun mit monatlichen Zahlungen von über 1.000 DM belastet, die sie nicht aufbringen konnten.
- Darsteller:
- Zitate: Off-Ede: "Die Nowaks sind an ein Wirtschaftssystem gewöhnt, in dem man sich in der Regel um Konsumgüter bemühen muss. Dass einem so schöne Sachen wie neue Möbel oder eine Waschmaschine mit List und Tücke aufgedrängt werden, ist ihnen fremd".
- Besonderheiten: Laut Ede stehen anders als zu Beginn der Sendereihe nicht mehr so sehr Vertreter im Fokus, da Menschen im Laufe der Zeit kritischer geworden sind, nicht zuletzt durch warnende Beispiele in "Vorsicht Falle". Da aber nicht alle Aussiedler Fernsehgerät besitzen, bittet er Zuschauer, sie nötigenfalls alsbald über gezeigte Masche aufzuklären, die auch mit Kühltruhen, Zeitungsabonnements, Lexika etc. durchgeführt wird. Dass auch Leute mit Fernseher evtl. anderes Programm sehen könnten, erwähnt er übrigens nicht.
- Bewertung: ***
Mißbrauchte Hilfs-Bereitschaft
- Details: Holger Dillmann leitet angesehenen Verlag für Architektur- und Baufachbücher in Hannover, hat auch Interesse an allgemein-gesellschaftlichen Fragen. Sekretärin informiert ihn über Brief von Strafgefangenem, der sich zur Weiterbildung den "Großen Merkel" als Gratislieferung erbittet. Herr Dillmann ist trotz hohem Preis von 95 DM wegen Sondersituation des Mannes aufgeschlossen, um zu Resozialisierung beizutragen. Sekretärin hat Bedenken, Buch auf Zuruf zu spendieren. Herr Dillmann erinnert sich an ähnliche Anfrage vor einiger Zeit, fragt, wie damals verfahren wurde. Sekretärin entdeckt, dass früherer Brief von demselben Absender Rudi Suffner stammte. Herr Suffner hatte damals bereits "Italienische Stilkunde" erhalten. Herr Dillmann fragt sich, ob Gefangener eventuell Fernstudium absolviert, beauftragt Sekretärin, bei Strafanstalt nachzufragen. Die findet aber nichts im Telefonbuch, erkundigt sich bei Stadtverwaltung, erfährt dort, dass Stadt keine Strafanstalt hat, angegebene Adresse in Wohngegend liegt. Herr Suffner wohnt dort tatsächlich, nimmt wieder mal von Postboten Päckchen und Paket mit Aufschrift "Strafanstalt" entgegen, kann geschnorrte Bücher gewinnbringend weiterverkaufen.
- Darsteller:
- Zitate: Herr Dillmann: "Der Große Merkel - 95 Mark - ppph, ganz schön happig - aber wenn's ihm hilft!" Herr Dillmann telefoniert mit Druckerei: "Sagt mal Freunde, wie weit seit Ihr da eigentlich mit dem neuen Bräsig? Der steht mir ja dauernd auf der Matte!"
- Besonderheiten: Ede beklagt, dass Masche wichtiges soziales Anliegen der Resozialisierung in Misskredit bringt. Ausstattung Strafgefangener mit Ausbildungshilfen kann gute Sache sein, sollte aber mit Erkundigungen über Empfänger verbunden werden, um Ausnutzung der Hilfsbereitschaft vorzubeugen. Ähnliche Masche wird auch von Zeitschriftenwerbern betrieben, die sich an Haustür als gerade entlassene Sträflinge ausgeben. Ede verweist auf örtliche Sozialbehörde, die bessere Möglichkeiten nennen kann, bei Wiedereingliederung zu helfen.
Reduzierte Filmlänge von nur ca. 5 Minuten; Thema wird in Experiment der übernächsten Sendung mit demselben Titel erneut aufgegriffen. - Bewertung: **
Traum-Job mit bitterem Ende
- Details: In Realschule in Hagen fiebern alle dem Schulfest entgegen, mit Organisation ist Klasse 10a beauftragt. Vier Mädchen der Klasse machen sich Gedanken über musikalische Gestaltung. Eine Idee: Statt Gedudel von Platte soll Liveband für Stimmung sorgen, vielleicht sogar prominente Gruppe aus Hitparade. Problem nur, woraus Gage bezahlt werden soll: Mit Sammelbüchse Spenden einzuwerben, wäre aussichtslos. Da schlägt ein Mädchen vor, Zeitschriften nach Inseraten zu Nebenverdienst durchzusehen. Jungen aus der Klasse spotten über Vorhaben, das spornt Inge und Renate umso mehr an. Sie verwerfen Inserate zu Kreditangeboten, brauchen eher Heimarbeit. Aktaufnahmen mit versprochenem Spitzenverdienst könnten nötiges Geld bringen, aber auch zu Schulausschluss führen, kommen also nicht in Frage. Dann finden die beiden Annonce holländischer Firma, die 100 DM pro Karton zu verpackender T-Shirts bietet. Um Näheres zu erfahren, schreiben sie Postkarte, die vorfrankiert direkt im Jugendzimmer griffbereit liegt; erhalten rasch Antwort: Mit 5 Arbeitsstunden pro Tag könnten pro Woche 10 Kartons gepackt und 1.000 DM verdient werden. Mädchen glauben, dass sie sich so rasch großen Betrag verdienen können, wenn sie zu viert anpacken. Ein Mädchen, das frisurmäßig schon in 80ern angekommen ist, hat Kontakte zu Konzertagentur, von Gagen bis zu 20.000 DM für Topacts gehört, dort auch erfahren, dass die Sailors genau zum Termin des Schulfests in der Region wären. Da packt die vier die Begeisterung darüber, dass ihr Traum Wirklichkeit werden könnte: Sie hotten mitten im Klassenzimmer in fast einminütiger Montage zu „A Glass of Champagne“ ab, bevor Mathelehrer zur Ordnung ruft. Sind jetzt entschlossen, beim Schulfest für Sensation zu sorgen. Letztes Hindernis ist Kaution von 200 DM, die holländische Firma vorab als Sicherheit für T-Shirt-Versand verlangt. Die vier borgen das Geld größtenteils bei Familie und Bekannten, dann bringen Inge und Renate Einschreiben mit Bestellung auf Postweg nach Holland. Über zwei Wochen später herrscht große Ernüchterung, da keine T-Shirts eingetroffen sind. Genervt regieren Mädchen auf neue spöttische Kommentare der Klassenkameraden. Als weiterer Brief nach Holland ohne Antwort bleibt, müssen sie erkennen, dass 200 DM an Schwindler verloren und Konzertträume geplatzt sind: Schulfest läuft auf Vinyl, mit dem Mitschüler, der Mädchen aufgezogen hatte, am DJ-Pult. Legt speziell für sie Sailor mit „Girls, Girls, Girls“ auf, während Mädchen bedröppelt an gemeinsamem Tisch sitzen.
- Darsteller:
- Musik: Sailor „Coconut“ (1975), Sailor „A Glass of Champagne“ (1975), Boney M. „Sunny“ (1976), Sailor „Girls, Girls, Girls“ (1975)
- Zitate: Junge aus Klasse zu Plänen der Mädchen: „Ey, habt ihr das gehört? Unsere Weiber sind größenwahnsinnig geworden! Die wollen für die Schulfete die Sailors holen!“ Dann später, als sich Nebenverdienst nicht einstellen will: „Na? Wie stehn die Aktien? Ersten Tausender schon verdient? Oder solln wir die Aktion Sorgenkind einschalten?“ – „Mensch, komm, zieh Leine, wir versuchen jedenfalls, was auf die Beine zu stellen. Ihr könnt ja nur rummotzen, das is natürlich viel einfacher“.
- Besonderheiten: Relativ banale Masche, die durch fulminante Einbettung in Story und authentische, sympathische Darstellung höchst unterhaltsam vorgeführt wird, wobei (unsichtbare) Betrüger völlig in Hintergrund treten. Gleich zu Beginn gehen Edes letzte Einleitungsworte „[...] und dabei geht es im wahrsten Sinne des Wortes um die Verpackung“ in Großaufnahme der Brüste einer Schülerin über. Später ausgedehnter Kameraschwenk durch Mädchenschlafzimmer. Keine einzige Figur im Film wird namentlich identifiziert: Nur Namen Inge und Renate werden genannt, aber nicht zugeordnet. Schulszenen wurden offenbar während realen Unterrichtsbetriebs gedreht. Nach Rüge des Lehrers nimmt Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Enkelin von Johann Bernoulli das Mathebuch „Welt und Zahl“ (10. Klasse) von Oehl/Evers/Kastrop in die Hand. Der während legendärer Tanzeinlage einmontierte Auftritt von Sailor stammt aus ZDF-Starparade vom 15.05.1976.
- Bewertung: *** Klassiker
Nachwuchsgauner unterwegs
- Details: Dieter Hofer führt kleine Tankstelle in Kaiserslautern als Ein-Mann-Betrieb. Keine Sicherheitsvorkehrungen, da schlicht zu wenig in der Kasse. Herr Hofer merkt nicht, dass zwei kleine Jungen den Betrieb genau beobachten. Sie geben sich Signale: Einer rennt zu Hofer in den Kassenraum, erzählt von schlimmem Fahrradunfall seines Bruders ums Eck, bittet ihn um Ersthilfe für blutenden Jungen, der auf Straße liege. Herr Hofer stellt Bedenken zurück, lässt Tankstelle unbewacht zurück, um mit zum Unfallort zu kommen. Zweiter Junge nutzt jetzt Gelegenheit, betritt Tankstelle, öffnet gekonnt Registrierkasse, sackt Inhalt ein. Inzwischen leitet Komplize Herrn Hofer erst um einige Ecken, wundert sich dann, wohin Bruder verschwunden sei, meint, dass ihm wohl schon jemand geholfen habe. Herr Hofer verabschiedet sich, läuft zurück zu Tankstelle, trifft dort auf Kunden, der Pfefferminz-Kaugummi kaufen will. Da merkt er, dass Kasse geplündert wurde.
- Darsteller:
- Zitate: Studio-Ede: "Denn die Kripo weiß nur zu gut, wie oft eine kriminelle Karriere mit einem zunächst nicht ernst zu nehmenden Griff in die Ladenkasse begonnen hat".
- Besonderheiten: Neuauflage des Filmfalls von 1967, diesmal ohne FSK14-Warnung. Ede appelliert an Eltern, Umgang ihrer Kinder mit (Taschen-)Geld, andere Geldquellen der Kinder, auch des Freundeskreises, im Blick zu behalten. Sollen mit Kindern über Thema sprechen, um Abgleiten von rechtem Weg vorzubeugen.
Reduzierte Filmlänge von nur ca. 5 Minuten - Bewertung: **
Experiment: Scharlatan mit Psycho-Trick
- Details: Mitarbeiter bieten psychologische Behandlung zur Nikotinentwöhnung an. Laut aufgegebenem Inserat ist nur eine einzige schmerzfreie Behandlung nötig, Erfolgsquote über 80 Prozent. Interessentin erscheint zu Behandlung in Hotel, wird von Assistentin vorab um Honorar von 90 DM gebeten. Als sie zahlt, erscheint Bernd Schröder als Dipl.-Psych. Dr. Hahn, hält erst vermeintlich fachmännischen Vortrag, weist dabei gleich auf maßgebliche Mitverantwortung der Patienten für Behandlungserfolg hin. Lädt dann Interessentin zur Einzelbehandlung: Sie soll konzentriert, aber entspannt mehrfach Satz "Ich will nicht mehr rauchen" aufsagen, dabei Dr. Hahn anschauen. Gleichzeitig löst er mit ominösem Gerät jeweils Lichtblitz aus. Damit ist Behandlung schon abgeschlossen, Frau wird nach Hause entlassen.
- Zitate: Studio-Ede: "Er macht gewissermaßen aus dem blauen Dunst der anderen blaue Scheine für sich selbst".
- Besonderheiten: Ede versichert, dass Frau aus Film nicht das einzige hereingefallene Opfer war. Dennoch werden keine weiteren Fälle gezeigt. Ede stellt klar, dass Film nicht Schädlichkeit des Rauchens in Zweifel ziehen, sondern vor Scharlatanen warnen soll, welche aktuelle Nichtraucher-Kampagnen für eigene Zwecke missbrauchen.
- Bewertung: *
Bemerkungen
Völlig ungewöhnlicher Sendungsablauf: vier Filmfälle, davon zwei auf rund 5 Minuten reduziert, Experiment mit nur einem Durchlauf
Vorherige Sendung: VF 057 (Sendung vom 23.11.1977)
Nächste Sendung: VF 059 (Sendung vom 20.05.1978)
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