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Review: Mord an Alexandra S., Christina B. und Nicole S. ("Favoritenmorde")

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Ein Review von bastian2410 am 13.09.2015
(Original-Beitrag mit Diskussion im XY-Forum)

Die Fälle wurden in folgenden Sendungen behandelt:

Ein Stadtteil in Angst:
Die Morde von Favoriten

Innerhalb von 26 Monaten versetzten drei abscheuliche Sexualmorde die Einwohner des Wiener Gemeindebezirks Favoriten in Angst und Schrecken. Viele Jahre geht die Öffentlichkeit von einem Serientäter aus und löst den bis dahin umfangreichsten und aufwendigsten Ermittlungsapparat der österreichischen Kriminalgeschichte aus. Erst die Einführung der DNA-Analyse und einer DNA-Datenbank in Österreich führt schließlich im Jahr 2000 zur Verhaftung zweier verschiedener Mörder. Ein Mordfall gilt bis heute als ungeklärt – aber ist er es wirklich?

Die Mordfälle Alexandra S., Christina B. und Nicole S. – die als die Taten der sogenannten „Bestie von Favoriten“ in die Kriminalgeschichte eingehen.

Teil 1: Der Mordfall Alexandra S.

Österreich. Für viele eine Idylle – aber auch immer wieder Schauplatz spektakulärer Verbrechen. Serienmörder, Inzestfälle und Entführungen bewegten und bewegen auch noch heute die Bevölkerung von Österreich.
Wien – die Hauptstadt unserer Nachbarn – Ende der 80er, Anfang der 90er. Favoriten ist der 10. Wiener Gemeindebezirk und liegt südlich der inneren Bezirke von Wien. Der Bezirk ist heute mit ca. 190.000 Einwohnern das bevölkerungsreichste Stadtgebiet der Stadt – über 10% der Einwohner von Wien leben hier. Bereits 1990 wohnten hier fast 150.000 Einwohner und machten Favoriten zu einem ziemlich belebten Stadtteil.

Geprägt ist der Bezirk seit 1951 durch die Per-Albin-Hansson-Siedlung. Sie ist nach dem 1932–1946 amtierenden schwedischen Ministerpräsidenten Per Albin Hansson benannt, zum Dank für die aus Schweden geleistete Hilfe für Wien nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Straßen und Gassen der Siedlung sind nach weiteren schwedischen Persönlichkeiten und Städten benannt. 1977 wird die Siedlung um die Per-Albin-Hansson-Siedlung Ost (kurz PAHO) erweitert, weitere 5.000 Wohnungen entstehen. Anfang 1990 wohnen hier 11.000 Menschen, Mittelpunkt der Siedlung ist der Olof-Palme-Platz mit Cafés, Supermärkten und einem Jugendzentrum.

In Favoriten wohnt zu dieser Zeit auch die 20-jährige Alexandra S. mit ihren Eltern. Alexandra arbeitet in einer Mode-Boutique in der Innenstadt, ist freundlich und beliebt bei den Kunden und Kollegen und verfügt über einen großen Freundeskreis. Sie liebt ihren Job und geht gerne abends aus und feiern. Diese Möglichkeit ergibt sich am 25. Oktober 1988, als sie von einer Freundin zum Ausgehen eingeladen wird. Am nächsten Tag feiern die Österreicher ihren Nationalfeiertag, und Alexandra muss deshalb nicht arbeiten. Alexandra ist seit Jahren mit ihrer Jugendliebe zusammen. Das Paar lässt sich jedoch Freiräume, und so kommt es auch, dass Alexandra an diesem Abend ohne ihren Freund ausgeht. Dieser ist zwar enttäuscht, dass er den Abend nicht mit Alexandra verbringen kann, bietet ihr jedoch an, sie in der Nacht nach der Party abzuholen. Diese nimmt das Angebot gerne an.

Gegen halb 8 macht sich Alexandra dann auf den Weg zu ihrer Freundin, die ebenfalls in Favoriten wohnt. Mit einer weiteren Freundin wird auf den Abend angestoßen und etwas "vorgeglüht". Das Trio entscheidet sich, die Diskothek "Azzurro" in der Himberger Straße zu besuchen, und macht sich gegen 22 Uhr auf den Weg. Neben der Diskothek befinden sich noch zwei weitere Gaststätten: eine Kneipe und ein Café mit Kegelbahn. Somit ist die Himberger Straße an diesem Abend vor dem Nationalfeiertag stark frequentiert.
Die drei jungen Damen erleben einen fröhlichen Abend – es wird getrunken und getanzt. Sie gehören zu den Stammgästen und sind im Club bekannt. Gegen 2:30 Uhr will sich Alexandra auf den Heimweg machen und verabschiedet sich von ihren Freundinnen, die noch ein bisschen weiterfeiern wollen.

Alexandra verlässt den Club und ruft ziemlich genau um halb 3 von einer gegenüberliegenden Telefonzelle in der Himberger Straße ihren Freund an. Den Hinweis ihres Freundes, am Azzurro auf ihn zu warten, hört sie jedoch nicht mehr. Sie hatte vorher den Hörer aufgelegt. Es ist daher anzunehmen, dass Alexandra ihrem Freund entgegengehen will. Diese Vermutung stützt sich auch auf die Aussage eines Autofahrers, der zu dieser Zeit die Himberger Straße entlang fährt. Als er einer Ampel halten muss, sieht er eine junge blonde Frau, die Richtung Innenstadt läuft. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die 20-jährige Alexandra S. Zudem fallen dem Autofahrer auch drei junge Männer auf, die hinter der Frau an einer Fußgängerampel stehen. Er sieht im Vorbeifahren im Rückspiegel noch, wie die drei Männer der jungen Frau folgen, verliert die vier Personen jedoch dann aus den Augen.

Als der Freund wenige Minuten später an der Disco "Azzurro" ankommt, ist Alexandra verschwunden. Er hatte sich etwas verspätet, da ein Regionalzug fünf Minuten Verspätung hatte und er an einem Bahnübergang warten musste. Er sucht seine Freundin noch eine längere Zeit und fragt sogar in der Disco nach – er findet sie jedoch nicht. Da er denkt, Alexandra hätte eine andere Mitfahrgelegenheit gefunden, fährt er nach Hause. Erst am nächsten Morgen informiert er die Eltern von Alexandra, die feststellen, dass ihre Tochter in der Nacht nicht nach Hause gekommen ist.

Sofort starten die Eltern, der Freund und die Freundinnen von Alexandra eine große private Suchaktion. Es dauert nicht lange, und Alexandra wird gefunden. Um 13:25 Uhr wird auf einem verwahrlosten Gelände hinter einer Plakatwand in der Himberger Straße – unweit der Disco "Azzurro" – der nackte Leichnam der jungen Frau entdeckt. Den Beamten bietet sich bei Eintreffen ein grauenhaftes Bild: Die 20-jährige ist nackt an einen Baum gefesselt, wurde vergewaltigt und mit ihren eigenen Kleidungsstücken erdrosselt. Weitere Kleidungsstücke, eine Halskette und ihre auffällige Handtasche findet die Polizei jedoch nicht.

Noch am selben Abend beginnt die Polizei mit den Ermittlungen und befragt die Gäste des "Azzurro". Eine Zeugin hatte am Tatabend eine interessante Beobachtung gemacht: Sie war gegen halb 2 – also eine Stunde vor dem Mord – zusammen mit Alexandra zum Luftschnappen draußen vor der Disco. Ein rotes Auto näherte sich langsam, wendete vor der Disco und hielt genau vor der Telefonzelle an, von der Alexandra eine Stunde später mit ihrem Freund telefonierte. Alexandra kannte den Autofahrer, begrüßte ihn und ging sogar auf die andere Straßenseite hinüber. Das Gespräch konnte die Zeugin nicht hören. Als die Zeugin gegen 2 Uhr das Azzurro verlässt, steht der Wagen immer noch vor der Telefonzelle. Zudem erfährt die Polizei, dass mehrere Frauen in den Wochen vor dem Mord von einen Mann rund um die Himberger Straße belästigt wurden. Der Mann – Mitte 20 – hatte während der Taten immer eine Motorradunterziehhaube bzw. einen Motorradhelm auf. Insgesamt melden sich drei Frauen, die von diesem Mann im Bezirk Favoriten belästigt wurden.

Zudem fahndet das Sicherheitsbüro immer noch nach den drei Männern, die hinter Alexandra auf der Himberger Straße hinterhergelaufen sind. Auch eine Woche nach dem Mord steht die Identität dieser Männer noch nicht fest. Für die Theorie, dass die Tat von mehreren Tätern verübt wurde, spricht nach Ansicht der Kripo die Tatsache, dass das Mordopfer keinerlei Abwehrverletzungen aufweist – das Opfer also während der Vergewaltigung und dem Mord festgehalten wurde.
Ebenfalls eine Woche nach dem Mord wird ein Kleidungsstück von Alexandra gefunden: nur wenige 100 Meter vom Tatort entfernt neben einem Radweg an der Per-Albin-Hansson-Siedlung (hier wird drei Monate später der zweite Mord in Favoriten verübt). Fest steht, dass der Schuh nachträglich an dieser Stelle platziert wurde, denn bei der Tatortuntersuchung unmittelbar nach Auffinden der Leiche wurde auch die Hansson-Siedlung gründlich abgesucht – jedoch nichts gefunden.

Insgesamt 130 Gäste der Disco, der Kneipe und der Kegelbahn überprüft die Polizei. Unter ihnen ist auch der 20-jährige Herbert P. aus Wien. Zeugen wollen P. um 2:15 Uhr vor der Disco gesehen haben. Die Polizei nimmt ihn besonders unter die Lupe, da er u. a. wegen Diebstahls und Raubes vorbestraft ist. Er gibt jedoch in seiner ersten Vernehmung an, die Disco gegen Mitternacht verlassen zu haben und dann nach Hause gegangen zu sein. Seine Brüder bestätigen seine Angaben, so wird P. als nicht tatverdächtigt eingestuft.

Anfang November geht bei einem Boulevardblatt ein vom Verfasser genanntes Bekennerschreiben zum Mordfall Alexandra S. ein, in dem sich der Schreiber als Mörder von Alexandra outet. Der Verfasser wird ausfindig gemacht und befragt, seine Angaben stimmen jedoch nicht mit den Ermittlungen überein. Der psychisch gestörte Mann wird als Täter ausgeschlossen. Auch schlägt der Sittlichkeitsverbrecher mit dem Motorradhelm am 7.11.1988 wieder zu und überfällt in der Ada-Christin-Gasse eine junge Frau. Sie wird sexuell belästigt und beraubt, bleibt jedoch zum Glück unverletzt.

Auch melden sich zwei weitere Zeuginnen, die die drei Männer, die Alexandra auf der Himberger Straße gefolgt sind, gesehen haben. Diese Männer waren den Frauen beim Verlassen der Disco Azzurro aufgefallen. Einer von ihnen soll eine spitze Nase wie Pinocchio haben, 1,85 Meter groß und ungefähr 25 Jahre alt sein. Bekleidet war der Mann mit einer Jeans und einer schwarzen Lederjacke. Trotz der Veröffentlichung der Täterbeschreibung kann das Trio nicht identifiziert werden. Später stellt sich heraus, dass die Zeuginnen sich in der Zeit geirrt hatten. Die Männer hatten sich in der gleichen Telefonzelle gegen 2:45 Uhr ein Taxi bestellt und warteten vor der Disco. Zur dieser Zeit befand sich Alexandra jedoch schon in der Gewalt ihres Mörders, die drei Männer scheiden somit als das gesuchte Trio aus – obwohl "Pinocchio" nie ermittelt wird.

Währenddessen wird die Leiche in der Rechtsmedizin der Uni Wien obduziert. Alexandra starb gegen drei Uhr durch Erdrosseln. Im Intimbereich und auf dem Oberschenkel werden Spermaspuren gesichert. Zu damaligen Zeitpunkt war die DNA-Analyse noch nicht ausgereift, die Beamten konnten 1989 lediglich mit den Methoden der Blutuntersuchung einen möglichen Täter zu 100% ausschließen, auch ein positives Ergebnis hätte für eine Verurteilung nicht gereicht.

Über Wochen bleibt der Mordfall Alexandra herrschendes Thema in der Presse. Lediglich Johann K. alias "Pumpgun-Ronnie" lenkt für wenige Tage von diesen Geschehnissen ab. K. wird am 11.11. verhaftet, kann sich jedoch bereits am nächsten Tag aus dem Polizeigewahrsam befreien. Drei Tage dauert seine Flucht, bis ihn die Polizei in St. Pölten stellt. Nachdem "Pumpgun-Ronnie" durch eine Polizeikugel in den Rücken getroffen wird, begeht er durch einen Kopfschuss Suizid. Bis Weihnachten überprüft die Kripo über 500 Personen: Stammgäste der Disco "Azzurro", einschlägig vorbestrafte Sexualtäter und Anwohner der Hansson-Siedlung, die evtl. als Täter in Frage kommen, und gleicht über 300 Alibis ab. Ein Tatnachweis gelingt nicht. Erst 12 Jahre später wird man feststellen, dass der Mörder von Alexandra bereits wenige Tage nach dem Verbrechen überprüft worden war.

Im zweiten Teil: Zwei weitere Morde passieren. Eigentlich hat man den Mörder, kann ihn jedoch nicht überführen. Zahlreiche Ermittlungspannen begleiten den Fall. Und die Angst der Einwohner: Wann schlägt die Bestie von Favoriten wieder zu?

Teil 2: Die Mordfälle Christina B. und Nicole S. Viele Verdächtige und zahlreiche Ermittlungspannen

Christina B.

Drei Monate nach dem Mord an Alexandra S. versetzt ein weiteres Sexualverbrechen die Einwohner von Favoriten in Angst und Schrecken: Der Mord an der 10-jährigen Christina B. Der Tatort befindet sich nur fünf Gehminuten von Fundort der Leiche des ersten Mordes entfernt.

Christina ist 1989 10 Jahre alt und wohnt seit ihrer Geburt in der Per-Albin-Hansson-Siedlung im Wiener Gemeindebezirk Favoriten. Sie besucht die Ganztagsschule am Josef-Enslein-Platz. Am 2. Februar 1989 hat Christina bis 16:45 Uhr Schule und macht sich danach mit einem Schulfreund auf den Heimweg. Die PAHO befindet sich nur ein paar Haltestellen von der Schule entfernt. Gegen 17 Uhr kommt das Mädchen am Olof-Palme-Platz an und holt sich – wie jeden Donnerstag – ein Micky-Maus-Heft in einer Trafik (zu Deutsch: Tabak- und Zeitungsladen). Die Verkäuferin ist die letzte Person, die das kleine Mädchen lebend sieht. Bis zur Wohnung ihrer Eltern in der Ada-Christen-Gasse Nr. 2 sind es nur ein paar Meter. In dieser kurzen Zeitspanne muss Christina ihrem Mörder in die Arme gelaufen sein.

Als gegen 18 Uhr Christina immer noch nicht zuhause ist, machen sich ihre Mutter und Schwester Sorgen. Da es nicht zu den Eigenschaften des Mädchens gehört, einfach von zu Hause wegzubleiben, suchen die Mutter und ihre Tochter die weitläufige Wohnanlage ab. Auch der Vater sucht das Gelände der PAHO am Abend ab – findet seine Tochter jedoch nicht. Daraufhin informiert die Familie B. am Abend die Polizei.

Am nächsten Morgen sucht die Familie der Vermissten erneut nach der 10-jährigen – diesmal leider mit Erfolg. Gegen 11 Uhr findet der Vater schließlich seine Tochter im 14. Stockwerk eines Stiegenhauses eines Wohnblocks der PAHO – Christina wurde ermordet.
Das Kind ist halb nackt, wurde sexuell missbraucht und erdrosselt. Der Täter band Christina ihre Strumpfhose um den Hals, nahm einen Schuh des Opfers, klemmte diesen in den Strumpf ein und drehte diesen zu einem Strick, den er dann am Ende des Geländers festzurrte. Ihr Schulranzen und ihre Hose sind zunächst verschwunden. Das Micky-Maus-Heft findet die Polizei neben der Leiche.
Die Polizei geht sofort von einem Zusammenhang zum Mordfall Alexandra S. aus. Beide Fälle weisen in der Tatausführung Parallelen auf, die Tatorte liegen nur 500 Meter voneinander entfernt, und in beiden Fällen hat der Täter Kleidungsstücke seiner Opfer als "Trophäe" mitgenommen.

Die Mordfälle lösen den bis dahin umfangreichsten Ermittlungsapparat der österreichischen Kriminalgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg aus. Bereits 24 Stunden nach Bekanntwerden des Mordes an Christina liegen dem Sicherheitsbüro über 100 Hinweise vor. Zudem startet die Kripo eine große Plakataktion.

Bereits am nächsten Tag wird der Schulranzen von Christina gefunden – im 13. Stockwerk des gleichen Stiegenhauses, in dem das Mädchen ermordet worden war. Der Täter hatte den Ranzen in einem Zählerkasten versteckt und diesen mit einem herkömmlichen Schlüssel wieder versperrt.

Zudem erfährt die Polizei von einem weiteren Vorfall in der Hansson-Siedlung: Im Sommer des Vorjahres wurde ein 13-jähriges Mädchen von einem Unbekannten im gleichen Stiegenhaus sexuell missbraucht. Das Mädchen fiel bei der Tat in Ohnmacht – als sie aufwachte, war der Triebtäter verschwunden. Die Kripo geht davon aus, dass der Täter bei der Tatausführung durch Geräusche im Treppenhaus gestört wurde und das Mädchen deshalb am Leben geblieben ist.
Bereits 1986 wurde der Wohnblock in der Ada-Christen-Gasse Nr. 2 von einer Reihe von Sittlichkeitsverbrechen heimgesucht. Zwischen Dezember 1986 und Januar 1987 wurden insgesamt 8 Mädchen im Alter von 6 und 17 Jahren vergewaltigt. Auch hier ging der Täter brutal vor, bedrohte seine Opfer mit einem Messer und führte mit Gewalt den Geschlechtsakt durch. Wenige Tage nach seinem letzten Verbrechen wird der Serientäter gefasst und zu 4 Jahren Haft verurteilt.

Während die Polizei weiter ermittelt, wird der Leichnam von Christina im Klinischen Institut für Pathologie der Medizinischen Universität Wien obduziert. Während das Sicherheitsbüro von einer Tatzeit gegen halb 6 ausgeht, kann die Rechtsmedizin den Todeszeitpunkt von Christina nicht eindeutig feststellen. Sie geht von einen Todeszeitpunkt zwischen 17 und 22 Uhr aus. Zudem sorgt die Aussage eines Zeugen, der sich an der Suchaktion beteiligt hatte, bei der Polizei für Verwirrung. Der Zeuge will gegen 19:30 Uhr das 14. Stockwerk nach Christina abgesucht haben, jedoch an der Stelle nichts Auffälliges gesehen haben. Fest steht jedoch, dass das Mädchen definitiv in diesem Stockwerk ermordet wurde. Speichelproben des Mädchens am Boden wurden nachgewiesen. Dies bedeutet, dass Christina zunächst an einen anderen Ort verschleppt und missbraucht wurde und dann im 14. Stockwerk des Stiegenhauses ermordet wurde.

Aufgrund der Aussage des Zeugen durchsucht die Polizei daraufhin insgesamt über 600 Wohnungen. Denn wenn Christina nach 17 Uhr noch gelebt hat, muss der Täter einen Schlüssel zu einer der Wohnungen in den acht Blocks der Ada-Christen-Gasse besitzen – denn Christina besaß keinen Wohnungsschlüssel und hätte klingeln müssen.
Sämtliche männliche Bewohner werden befragt und nach dem Alibi gefragt, zudem werden Durchsuchungsbeschlüsse für als Täter in Frage kommende Bewohner ausgestellt. Auch werden Beamte vom BKA aus Wiesbaden eingeschaltet, die den Tatort eingehend auf weitere Spuren untersuchen. Zu diesem Zweck wird der ganze Kunststoffboden des 14. Stockwerks herausgeschnitten und im Labor untersucht.

Bereits acht Tage nach dem Mord an Christina bittet das Sicherheitsbüro in Wien die Zuschauer in "Aktenzeichen XY" in einem eingeschobenen Studiofall um Mithilfe. Die Kripo fragt vor allem nach dem Verbleib der Jeans von Christina B. Das Aufnahmestudio in Wien verzeichnet eine Vielzahl von Hinweisen. Viele Zuschauer weisen auch auf einen Zusammenhang zum Mordfall Alexandra S. hin.
Dank der Sendung und weiteren Ermittlungen stoßen die Ermittler auf eine weitere Spur. Ein Polizist aus Wiener Neustadt hatte sich nach der Ausstrahlung gemeldet und berichtet, er habe 1984 in der Per-Albin-Hansson-Siedlung einen 15-jährigen Jungen festgenommen, der kurz zuvor ein Mädchen in einem Aufzug des Wohnblocks sexuell belästigt hatte und sich nach der Tat an der Fundstelle des Leichnams von Christina selbst sexuell befriedigte. Werner K. hatte in diesem Zeitraum insgesamt neun Mädchen belästigt und sie gezwungen, ihn zu küssen. Was den Beamten sofort auffällt: Werner K. kannte Alexandra S., da beide die gleiche Schule besucht hatten. Am 13. Februar wird K. in seiner Wohnung festgenommen. Er bestreitet die Taten und kann für den Mord an Christina ein Alibi nachweisen – dieses Alibi kann die Polizei nicht erschüttern.

Im Mordfall Alexandra S. wurden am Körper des Opfers Sperma-Spuren gesichert. Da die DNA-Analyse 1989 noch nicht bekannt bzw. in Europa noch nicht ausgereift war, wurde mit einer Blutprobe von K. ein sogenanntes Täterausschlussverfahren durchgeführt. Mit dem Ergebnis dieses Verfahrens kann ein möglicher Tatverdächtiger als Täter zu 100% ausgeschlossen werden, zur einer Überführung reicht dieses Ergebnis jedoch nicht, da lediglich die Blutgruppe des Täters bestimmt werden kann. Das Ergebnis ist eindeutig: Werner K. hat die Blutgruppe 0, der Täter von Alexandra S. hatte jedoch die Blutgruppe A. Werner K. ist somit nicht die Bestie von Favoriten. (Im Jahre 1997 stellt sich jedoch heraus, dass K. doch die richtige Blutgruppe hatte. Die Probe von Alexandras Mörders wurde falsch analysiert – der Täter hatte tatsächlich die Blutgruppe 0)
Werner K. wird aus der U-Haft entlassen, jedoch bereits einen Tag später erneut verhaftet. Grund waren die Anschuldigungen eines Journalisten, der K. fälschlicherweise eines weiteren Sexualdelikts in der Hansson-Siedlung beschuldigt hatte. In der U-Haft wird K. mehrmals von Mitgefangenen angegriffen. Er wird für die Taten aus 1984, die das Gericht als Unzucht mit Unmündigen wertet, zu fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Am 17. Februar wird Christina unter großer Anteilnahme von 400 Trauergästen (unter ihnen auch Innenminister Franz Löschnak) verabschiedet und anschließend im Krematorium des Zentralfriedhofs eingeäschert.

Weitere Untersuchungen führen die Kripo dann zum dem 46-jährigen Gemeindebediensteten Eduard S., der in demselben Wohnblock wohnt wie die Familie B. Der Mann gerät in den Fokus der Ermittler, weil seine Aggressionen ihn verdächtig gemacht hatten. Der gelernte Installateur war aber auch sonst als Gewalttäter bekannt. Er hatte im Straßenverkehr zahlreiche Autofahrer attackiert und verletzt. Zudem schlug er öfter seine Frau und seine Kinder. Die Ermittlungen gegen S. werden eingestellt, weil seine Gattin ihm ein Alibi gibt. Im Mai 1990 rastet S. jedoch aus und tötet in seiner Wohnung in der Ada-Christen-Gasse 2 seine Gattin sowie seine beiden Kinder. Die Wohnung zündet er an. Als die Feuerwehr versucht, den Brand in Favoriten zu löschen, steigt S. in seinen Wagen, fährt nach Tulln, dringt in das Haus seiner Mutter ein und erschießt auch sie. Auch in diesem Fall legt er Feuer, ehe er seinem Leben durch einen Herzschuss ein Ende bereitet.

Auch im Fall Christina B. stößt die Polizei wieder auf den damals 21-jährigen Herbert P., der von Zeugen zur Tatzeit am Wohnblock gesehen wurde. Er war bereits im Mordfall Alexandra S. am Tatabend in der Nähe der Disco "Azzurro" gesehen worden. Wie im Fall Alexandra kann er auch in diesem Mordfall ein Alibi angeben, welches von seiner Familie bestätigt wird. Von P. wird zur Blutgruppenbestimmung eine Probe entnommen. Auch P. hat wie Werner K. die Blutgruppe 0. Daher wird er als Täter ausgeschlossen (ein Irrtum, wie sich im Jahre 1997 herausstellt, s. o.).

Fazit nach vier Wochen Ermittlungsarbeit: 1.215 Personen wurden überprüft, sechs Festnahmen, Aufklärung von weiteren Straftaten unabhängig der Favoriten Morde, jedoch kein Täter. In den nächsten zwei Jahren ergeben sich keine weiteren Ermittlungsansätze in den beiden Mordfällen. Zwar werden immer wieder weitere Sittlichkeitsverbrechen mit den Morden in Verbindung gebracht, eine Spur zum wirklichen Täter findet sich jedoch nicht.

Mord an Nicole S.

Es ist kurz vor Weihnachten 1990. Auch die 8-jährige Nicole S. wohnt im Bezirk Favoriten. Ein liebes, lebensfrohes, aber etwas schüchternes Mädchen, das sich auf Weihnachten freut. Am 22. Dezember will sie ihre Weihnachtsgeschenke bei ihrer Tante im 11. Gemeindebezirk abholen. Sie fährt alleine mit Bus und Straßenbahn zu ihrer Tante, wie sie es bereits davor mehrmals gemacht hat. Gegen 17:30 Uhr verlässt die 8-jährige die Wohnung ihrer Tante und macht sich auf den Heimweg nach Favoriten. Ob Nicole – wie sonst auch – in der Simmeringer Hauptstraße zunächst die Tram 71 benutzt hat und dann in den Bus der Linie 71A umgestiegen ist, ist zunächst nicht bekannt. Das letzte Mal gesehen wird sie von einem Zeugen gegen 17:40 Uhr in der Grillgasse am EKaZent (das Einkaufszentrum Simmering). Dies würde bedeuten, dass Nicole die zwei Stationen von der Simmeringer Hauptstraße zur Grillgasse mit der Straßenbahn gefahren ist. Zeugen für die Fahrt mit dem Bus finden sich nicht – niemand kann sich an das Mädchen mit dem blauen Kapuzenmantel erinnern. Zuhause in der Florian-Geyer-Gasse kommt das Mädchen nicht an.

Gegen halb 7 hört eine Zeugin Schreie aus dem Laaer Wald, unweit der Bushaltestelle, an der Nicole aussteigen muss, wenn sie auf dem Weg nach Hause war. Als Nicole gegen 8 Uhr immer noch nicht zuhause ist, suchen die Mutter und ihr Lebensgefährte nach dem Kind – jedoch vergeblich. Als die Polizei am nächsten Tag eine großangelegte Suchaktion durchführt, wird die 8-jährige Nicole S. im Laaer Wald hinter einem Sportplatz im Gebüsch unter Laub versteckt ermordet aufgefunden. Auch sie wurde vergewaltigt. Die Beamten der Kripo gehen davon aus, dass Nicole unmittelbar nach dem Aussteigen aus dem Bus ihrem Mörder begegnet ist. Das Mädchen wurde zunächst mit dem Schnürsenkel ihrer Winterstiefel gewürgt und dann vergewaltigt. Danach wird Nicole ungefähr 100 Meter von der eigentlichen Fundstelle entfernt mit einem Ast niedergeschlagen. Mit diesem Schlag, bei dem der Ast auseinanderbrach, wird Nicole bereits eine schwere Wunde an der Stirn zugefügt. Dann schleppt der Täter das Kind weiter und versetzt ihr einen zweiten und dritten Hieb gegen den Hinterkopf. Dieser führt schließlich zum Tod der kleinen Nicole.

Die Polizei geht sofort von einem Zusammenhang mit den Mordfällen Alexandra S. und Christina B. aus. Nicole war der gleiche Typ wie Christina, und beide Mädchen wurden sexuell missbraucht. Und nicht nur der Tatort, sondern auch die Jahreszeit deuten nach Ansicht der Beamten auf denselben Mann hin. Trotzdem glauben die Beamten jedoch, dass Nicole ihren Mörder gekannt hat bzw. der Täter sich kurz vor der Tat das Vertrauen des Mädchens erschlichen hat. Nicole wäre nie mit einem Fremden mitgegangen.
Der Mord bewegt erneut ganz Österreich. Wie auch schon in den Fällen Alexandra S./Christina B. ist das Hinweisaufkommen in den Tagen nach dem Mord sehr hoch. Ein Zeuge will zur Tatzeit einen Peugeot 504 am Laaer Wald geparkt gesehen haben. Die Polizei überprüft 250 Fahrzeuginhaber dieser Marke und findet tatsächlich den richtigen Fahrer. Er scheidet als Täter jedoch aus. Am 5.1.1991 wird Nicole auf dem Zentralfriedhof – wie bereits Alexandra und Christina – beerdigt.
Bereits drei Wochen nach dem Mord wird der Fall in der Januarsendung von "Aktenzeichen XY" vorgestellt. (An diesem Tag hätte Nicole ihren 9. Geburtstag gefeiert.) Die Kripo bittet um Hinweise, wer das Mädchen am 22. Dezember auf ihrem Nachhauseweg gesehen hat. Nochmal gehen über 70 Hinweise ein. Die heiße Spur ist jedoch nicht dabei.

Die Kripo im Fall Nicole S. sucht aber auch im privaten Kreis des Mädchens nach dem Mörder, da durchaus Anhaltspunkte bestehen, dass sich Opfer und Mörder gekannt haben. So überprüft die Kripo auch Michael P., der zum Tatzeitpunkt 25 Jahre alt ist. Er gehörte zum Bekanntenkreis des Onkels der Achtjährigen und kannte Nicole von den regelmäßigen Besuchen bei der Tante. Sowohl seine Familie als auch die Tante von Nicole geben P. jedoch ein Alibi. Kurz nachdem der 25-jährige Wiener von der Kripo überprüft worden ist, stellt sich heraus, dass er ein intimes Verhältnis zu der Tante unterhält. Der Onkel der Toten erfährt erst im Zuge der Ermittlungen von dem Verhältnis seiner Frau. Michael P. gilt zwar über die Jahre weg als verdächtig, eine Überführung als die Bestie von Favoriten gelingt jedoch nicht.

Teil 3: Der Durchbruch und die Sensation – es gibt zwei Bestien von Favoriten. Ist einer auch ein Doppelmörder?

Teil 3: Der Durchbruch dank DNA – und doch kein Serientäter

So vergeht die Zeit, ohne dass die Morde in Vergessenheit geraten. In dieser Zeit macht jedoch die Kriminaltechnik enorme Fortschritte. Dank DNA-Analysen können eine Vielzahl von Verbrechen gelöst werden. Gut fünf Jahre nach dem Mord an Nicole werden alle drei Morde von Favoriten erneut kriminaltechnisch untersucht, um evtl. einen genetischen Fingerabdruck aus vorgefundenen Spuren zu separieren. Im Fall Christina B. ist das Ergebnis ernüchternd: Sämtliche Spuren am Tatort wie Speichel, Haare etc. stammen von dem Opfer. Sogar Beamte des BKA aus Wiesbaden waren angereist und hatten den Tatort kriminaltechnisch untersucht.
Sowohl im Mordfall Alexandra S. als auch im Fall Nicole S. wurden damals Spermaspuren gesichert, aus denen jetzt ein genetischer Fingerabdruck erstellt werden kann. Jetzt stellt sich auch heraus, dass die Kripo im Fall Alexandra S. von einer falschen Blutgruppe ausgegangen war – der Täter hatte Blutgruppe 0 und nicht, wie zunächst angenommen, Gruppe A.
Die erneute kriminaltechnische Untersuchung sorgt jedoch für eine weitere Überraschung: Das Spurenmaterial im Fall Alexandra S. stimmt nicht mit dem Spurenmaterial im Fall Nicole S. überein. Das bedeutet, dass zwei unterschiedliche Täter für die Morde verantwortlich sind. Zehn Jahre lang war die Kripo von einem Serientäter ausgegangen.

Im Oktober 1997 wird auch in Österreich eine DNA-Analyse-Datenbank beim Bundeskriminalamt eingeführt. Hier werden sowohl die durch eine DNA-Analyse ermittelten genetischen Fingerabdrücke von bekannten Personen (sogenannte Personendatensätze) als auch von Tatort-Spuren, die von unbekannten Personen stammen (sogenannte Spurendatensätze), registriert und abgeglichen. Der Mordfall Alexandra S. ist landesweit der erste Fall, der in dieser Datenbank gespeichert wird. Was jedoch fehlt, ist eine Vergleichsprobe eines Tatverdächtigen.

Im September 2000 findet in der Wiener Innenstadt eine Hochzeitsfeier statt. Die Freude am Fest wird spätabends durch eine heftige Auseinandersetzung zweier Hochzeitsgäste getrübt. Der Streit eskaliert so sehr, dass der Gastwirt die Polizei ruft. Als die Polizei in der Gaststätte eintrifft, werden die Beamten angegriffen. Beide Schläger werden daraufhin festgenommen. Einer der Festgenommenen ist der jetzt 33 jährige Herbert P., der bereits mehrere Jahre wegen verschiedener Raubüberfälle in Haft gesessen hatte. Um ihn zu weiteren unaufgeklärten Einbruchsdiebstählen zu überprüfen, wird P. ein Mundhöhlenabstrich entnommen. Da ansonsten nichts gegen ihn vorliegt, wird P. noch in der Nacht wieder auf freien Fuß gesetzt.

Drei Wochen dauern die Untersuchungen. Unter anderem werden seine DNA-Daten routinemäßig mit allen bisher gespeicherten DNA-Profilen verglichen. Am 30. September 2000 gegen 15 Uhr erfolgt dann der Treffer beim Bundeskriminalamt: Die am Tatort im Fall Alexandra S. gesicherten Spermaspuren stimmen mit dem genetischen Fingerabdruck von Herbert P. mit größter Wahrscheinlichkeit überein. Einen Tag später wird Herbert P. um 8 Uhr morgens in seiner Wohnung – ganz in der Nähe der Per-Albin-Hansson-Siedlung – verhaftet und zur Vernehmung in das Sicherheitsbüro Wien gebracht.

Die Beamten vernehmen P. und werfen ihm auch den Mord an Christina B. vor, obwohl im Fall B. keine biologischen Spuren sichergestellt werden konnten. Der Festgenommene weist jedoch jede Schuld von sich und beteuert seine Unschuld. Zudem verweist er auf sein Alibi. Als ihm die Beamten jedoch das Ergebnis der DNA-Analyse mitteilen, ändert P. seine Aussage und räumt einen sexuellen Kontakt mit Alexandra S. am Tatabend ein – und zwar mit ihrem Einverständnis. Er habe Alexandra an diesem Abend vor der Disco getroffen. Zuerst sei man spazieren gegangen, dann sei es zum Sex gekommen. Im weiteren Verlauf der Vernehmung präzisiert er seine angebliche Beziehung zum Mordopfer und erklärt, dass er zwei Mal innerhalb von ein bis vier Tagen vor dem Mord sexuellen Kontakt mit Alexandra gehabt hätte – freiwillig.

Die Beamten halten die Aussagen von P. für Schutzbehauptungen. Ermittlungen im privaten Umfeld von Herbert P. kommen zu dem Ergebnis, dass die angebliche Affäre nach eingehender Befragung von Freunden und Bekannten des in U-Haft Sitzenden nicht bestätigt wird. Auch die Familie, Freunde und Bekannte von Alexandra schließen eine sexuelle Beziehung aus. Auch in ihrem Tagebuch hat das Mordopfer das angebliche Verhältnis mit keiner Silbe erwähnt. Aus ihren Aufzeichnungen geht nur hervor, wie sehr sie ihren Freund geliebt hat. Trotzdem geht die Kripo nochmal an die Öffentlichkeit und versucht erneut, den Verbleib der Handtasche von S. zu klären. In der Handtasche befanden sich nämlich auch zwei Taschenkalender. Aufgrund der Eintragungen erhofft sich die Polizei, weitere Aufschlüsse über die angebliche Affäre des Opfers mit P. zu erhalten. Der Fahndungsaufruf bleibt jedoch ohne Erfolg.

Die Ermittlungen im privaten Umkreis führen auch dazu, dass die Behörden die Alibis vom P. aus den beiden Mordnächten nochmal überprüfen. Zwei seiner Geschwister hatten Herbert P. vor zwölf Jahren ein Alibi gegeben. Bei der neuerlichen Befragung bestätigen sie zwar, dass P. gegen Mitternacht nach Hause gekommen sei. Doch dieses Alibi haben die Geschwister nun relativiert: Es sei möglich, dass P. nachher noch einmal unbemerkt weggegangen sei. Das würde mit Zeugenaussagen übereinstimmen, wonach P. am 28. Oktober 1988 gegen 2:15 Uhr bei der Disco "Azzurro" in Favoriten gesehen worden war. Auch das Alibi in der Mordnacht von Christina platzt bei den Befragungen der Familie von P. Es stellt sich heraus, dass einer der Alibizeugen gar nicht in Wien war.

Am 4. Oktober 2000 wird von der Untersuchungsrichterin wegen dringenden Tatverdachts des Mordes Haftbefehl erlassen und die Untersuchungshaft angeordnet. Im Oktober 2001 erhebt die Staatsanwaltschaft Wien aufgrund der Zeugenaussagen und der DNA-Ergebnisse Anklage wegen Mordes und Vergewaltigung im Mordfall Alexandra S. Obwohl die Ermittler davon überzeugt sind, dass Herbert P. auch der Mörder der 10-jährigen Christina B. ist, ist dieser Mord nicht Gegenstand der Anklage. Das Schwurgericht im Straflandesgericht Wien lässt die Anklage zu und setzt den Prozessbeginn für den 4. Dezember 2001 an.

Jedoch kommt Herbert P. eine Gesetzesänderung zugute, welche im Juli 2001 in Österreich in Kraft getreten ist und für Täter, die zum Zeitpunkt der Begehung eines Mordes das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, einen Strafrahmen von 5 bis 20 Jahren Haft vorsieht. Darüber hinaus müssen ihnen allfällige zwischenzeitlich ergangene Verurteilungen – im Fall des Herbert P. mehr als vier Jahre bis zu seinem 21. Lebensjahr – auf die Strafe angerechnet werden, auch wenn sie bedingt ergangen waren. Dem mehrfach vorbestraften P. drohen im Fall eines Schuldspruchs daher maximal 15 Jahre – und nicht lebenslange – Haft.

Der Fahndungserfolg im Mordfall Alexandra S. und die fortgeschrittene Kriminaltechnik verlassen die Ermittler im Mordfall Nicole S., auch diesen Fall erneut aufzurollen und nochmals kriminaltechnisch zu untersuchen. Bei einer neuerlichen Aufarbeitung der Beweisergebnisse grenzen die Beamten im Fall Nicole S. den Kreis der Tatverdächtigen auf 25 Personen ein. Unter ihnen ist auch der 35-jährige Michael P. Ein Beamter der damaligen Ermittlungsgruppe hatte auf P. hingewiesen. P. wurde im September 2001 wegen zahlreicher Autoeinbrüche festgenommen. Der Beamte des Kommissariats Favoriten hatte den 35-Jährigen, der von Anfang an zu den Verdächtigen gezählt hatte, einst in dem Fall vernommen und ihn rund elf Jahre später auf einem Foto in den Akten über Autoaufbrüche wiedererkannt.

Die 25 Personen, die in das Täterprofil passen, werden gebeten, sich einer DNA-Analyse zu unterziehen. 22 Proben ergeben keine Übereinstimmung mit den biologischen Spuren, die der Täter an der Leiche hinterlassen hatte. Zwei Verdächtige waren in der Zwischenzeit gestorben. Nur Michael P. weigert sich. Daraufhin wird P., der in der JVA Stein einsitzt, ein Gerichtsbeschluss zugestellt, der auch eine zwangsweise Vornahme anordnet. Infolgedessen wird dem Verdächtigen Anfang November 2001 zwangsweise ein Haar entnommen, das von der Gerichtsmedizin Innsbruck analysiert und mit den am Tatort sichergestellten Spuren aus der DNA-Datenbank verglichen wird.

Ende November steht das Ergebnis fest: Michael P. ist der Mörder der kleinen Nicole. Als die Beamten P. mit dem Ergebnis der Analyse konfrontieren, verweigert er jede Aussage. Auch sein Alibi wird erschüttert. Die Tante von Nicole widerruft sofort ihre Aussage, nachdem sie erfährt, dass P. als Mörder ihrer Nichte in Betracht kommt. Der Bruder von P., der Michael P. 1990 ebenfalls ein Alibi gegeben hatte, verweigert die Aussage. Im Juni 2003 erhebt die Staatsanwaltschaft Wien gegen Michael P. Anklage wegen Mordes.

Teil 4: Der Prozess im Fall Alexandra S. Wen hat der Angeklagte noch getötet? Sämtliche Prozesstage im Überblick. Die wichtigsten Aussagen der Zeugen und Gutachter kompakt zusammengefasst. Und natürlich die Plädoyers der Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Und das Wichtigste: das Urteil.

Teil 4: Der Prozess im Mordfall Alexandra S. – Steht ein Doppelmörder vor Gericht?

Prozess im Fall Alexandra S.

Der Prozess beginnt am 4. Dezember 2001. Als Zeugen sind sowohl Gäste der Disco "Azzurro", Bekannte und Freunde des Opfers und drei Sachverständige geladen, da die Staatsanwaltschaft für den Angeklagten auch zusätzlich die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragen will.

Die Verhandlung findet vor dem Geschworenengericht statt. Dieses besteht aus dem Schwurgerichtshof – idR drei Berufsrichtern – und den Geschworenen – idR acht Laien. Dieses Gericht ist in Österreich immer zuständig, wenn Verbrechen mit einer Strafuntergrenze von mehr als fünf Jahren und einer Strafobergrenze von mehr als zehn Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind. Dies ist bei Mord immer der Fall. Über Schuld oder Unschuld entscheiden alleine die Geschworenen. Anders als jedoch z. B. in den USA ist für einen Schuldspruch keine Einstimmigkeit der Geschworenen erforderlich, es reicht die einfache Mehrheit. Kommt jedoch keine Mehrheit für eine Verurteilung zustande (auch 4:4), ist der Angeklagte gemäß dem Grundsatz in dubio pro reo freizusprechen. Sprechen sich die Geschworenen jedoch mehrheitlich für eine Verurteilung aus, entscheiden die Geschworenen zusammen mit den drei Richtern im Anschluss über das Strafmaß.

Vor Prozessbeginn ordnet das Gericht weitere Speicheltests an. Ein Mann hatte in einer Zeitung und später in betrunkenem Zustand in einer Kneipe den Mord an Alexandra gestanden. Aufgrund der Widersprüche in seinen Aussagen wurde er jedoch als Täter ausgeschlossen. Die angeordnete DNA-Analyse schließt ihn auch endgültig als Täter aus.

Am 4. Dezember beginnt unter großem Zuschauerinteresse der Mordprozess – mehr als 13 Jahre nach dem Tod von Alexandra. Die Anklage wirft dem Angeklagten Mord und Vergewaltigung vor. Am 26. Oktober 1988 ist Alexandra ihren Mörder in der Himberger Straße in die Arme gelaufen. Wahrscheinlich ist dem Angeklagten das Opfer bereits in Disco "Azzurro" aufgefallen. Als sie gegen 2:30 Uhr die Disco verließ und ihren Freund von einer Telefonzelle angerufen hat, ist er ihr in der Absicht gefolgt, sie zu vergewaltigen. Wenige hundert Meter von der Disco entfernt habe er das Mädchen dann auf ein unbebautes Grundstück gezerrt. Dort habe er Alexandra dann vergewaltigt. Nachdem er sich befriedigt hatte, habe der Sexualverbrecher in einem sehr heftigen Drosselakt die junge Frau mit ihrer eigenen Strumpfhose zu Tode gewürgt. Er habe wahrscheinlich minutenlang die Strumpfhose fest zusammen gezogen. Danach schleifte er sein Opfer zu einem Baum, wo er sie festband. Das sei nichts anderes als eine Demonstration von Macht, sie in einer entwürdigenden Stellung – nackt, mit leicht gespreizten Beinen – an einen Baum anzubinden. Der Angeklagte sei der wahre Mörder. Gegen 2:15 Uhr haben Zeugen beobachtet, wie er vor der Disco herumstand. Vor allem aber hinterließ der Täter im Schambereich und am Oberschenkel des Opfers Spermaspuren. Und es gebe keinen Grund zu zweifeln, dass die DNA-Spur nicht von P. sei. Auch wurde P. der Lüge überführt, seine Aussagen in den Vernehmungen haben sich als falsch herausgestellt. Eine angebliche Beziehung zum Opfer könne ausgeschlossen werden. Niemals hätte das Opfer sich mit dem Angeklagten eingelassen. Alexandra sei blond, hübsch, modisch gekleidet, um nicht zu sagen gestylt, penibel sauber gewesen. Der Angeklagte sei ein Alkoholiker gewesen, tablettenabhängig, suchtgiftabhängig, arbeitsscheu, vorbestraft, bei seinen Freunden gefürchtet und gemieden, weil es immer wieder dazu kam, dass er seine Beherrschung verlor. Er sei nicht das gewesen, was das Opfer dazu veranlasst hätte, ihm um den Hals zu fallen oder sich gar auf ein Verhältnis mit ihm einzulassen. Sie sei verliebt in ihren Freund gewesen, er sei der einzige Mann in ihren Leben gewesen. Zudem belasten den Angeklagten die Untersuchungen der Kriminaltechnik – das Sperma war von ihm.

Die Verteidigung hält sich in ihrem Eröffnungsplädoyer kurz. Der Angeklagte habe immer wieder betont und beteuert, er würde keine Frau umbringen. Sie bittet die Geschworenen eindringlich, dem Verfahren unbeeindruckt von diversen Medienberichten zu folgen.

P. ist bereit, vor Gericht auszusagen, und beteuert erneut seine Unschuld. Er habe die junge Frau nicht getötet, räumt jedoch sexuelle Kontakte mit dem Opfer ein. Unmittelbar bevor sie getötet wurde – und zwar durch eine andere Person – habe er mit dem Opfer geschlafen, und zwar mit ihrem Einverständnis. Er habe Alexandra – die er bereits vorher kannte – beim Luftschnappen vor der Disco getroffen. „Dann war ich kurz weg mit ihr auf einen One Night Stand.“, sagt er aus. Schon öfters vor dem Mord sei er mit Alexandra intim geworden. Er habe sie in der Disco "Azzurro" kennen gelernt. Sie habe ihn angesprochen, ob es stimmt, dass er tatsächlich schon mal im "Knast" war. So sei man ins Gespräch gekommen. In der Folge sei es dann zu mehreren Quickies gekommen. Zweimal im Bauwagen, einmal daheim bei ihm im Keller, einmal seien sie aufs Feld gegangen.
Dann schildert P. die Ereignisse in der Mordnacht: Gegen 12 Uhr wollte er nach Hause gehen. Alexandra sei ihm gefolgt und habe ihn an der Tür aufgehalten. Dann sei man spazieren gegangen. Kurz darauf wollte Alexandra dann Sex. Es sei dann zum Geschlechtsverkehr auf der unbebauten Wiese gekommen, auch weil diese auch von Straße aus nicht einsehbar sei. Alexandra habe ihn jedoch kurz vor dem Samenerguss gebeten aufzuhören. Es sei aber zu spät gewesen. Ein bisschen sei daher danebengegangen. Danach habe er Alexandra zunächst mit der Hand befriedigt und geküsst. Er habe dann plötzlich Lärm gehört. Während er nachschaute, woher der Lärm kam, habe Alexandra sich – soweit er sich erinnern kann – angezogen und sei weggegangen. Er habe sie danach nicht mehr gesehen. Mit dem Mord habe er nichts zu tun, er sei kein Mörder. Auf die Frage des Richters, ob es für Sex im Freien nicht zu kalt war, antwortet der Angeklagte, dass Alexandra den Sex wollte, da ansonsten sein Sperma nicht da gewesen wäre.
Danach wird Herbert P. von der Staatsanwaltschaft ins Kreuzverhör genommen. Er habe die ganze Zeit von einem One Night Stand gesprochen, obwohl er angeblich bereits vor dem Mord mehrmals mit dem Opfer geschlafen habe. Ein One Night Stand heißt, keine Verpflichtungen, antwortete der Angeklagte. Einmal und nie mehr wieder, das heißt das, belehrte ihn der Staatsanwalt. P. erwidert, dass er nicht in der Lage sei, diese Wörter genau zu interpretieren, da er kaum Englisch spreche. Auch der Staatsanwalt spricht den Angeklagten auf die niedrigen Temperaturen an, schließlich habe das Thermometer in dieser Nacht fast 0 Grad angezeigt. Er habe einmal in Salzburg mit einer Frau geschlafen, da war der Schnee so hoch, dass "sein Arsch" nicht mehr zu sehen war. Die Frage, ob er in sein Opfer verliebt gewesen sei, beantwortete er: „Ich war in alle Frauen, mit denen ich geschlafen habe, ein bisschen verliebt.“ Außerdem sei er kein asozialer Mensch: „Ich hab jahrelang für die Kirche Konzerte gespielt und Messen gehalten.“ Er habe nur Angst, dass er verurteilt werde für einen Mord, „den ich nicht begangen habe“.

Dann werden die ersten Zeugen gehört. Zunächst werden die Kriminalbeamten vernommen, die P. damals festgenommen und zuerst vernommen hatten. Sie seien überzeugt, dass heute der Richtige auf der Anklagebank sitzt. Als P. damals mit dem Tatvorwurf konfrontiert wurde, habe er weinerlich gewirkt. Er habe mehrmals in den Verhören seine Aussagen geändert und lediglich das zugegeben, was aufgrund der Ermittlungsergebnisse sowieso feststand. Man habe Herbert P. schon sehr früh nach dem Mord auf eine mögliche Täterschaft überprüft, da man ihn zur fraglichen Zeit vor der Disco gesehen hatte. Auf Grund einer – wie sich später herausstellen sollte – ungenauen Blutuntersuchung wurde der Verdacht aber wieder fallengelassen

Als die Verteidigung den Beamten befragt, will sie mehr über den Mann wissen, der damals die Tat gestanden hatte. Das Geständnis sei sowas von erfunden gewesen, was man mit einem gewissen Maß an Erfahrung und mit der Tatortmappe auch gesehen habe, antwortet der Beamte der Kripo. Da habe nichts gepasst. Das war ein Meldungsmix aus Medienberichten, die der Angeklagte aufgesogen und zum Besten gegeben habe. Auch behauptete er fälschlicherweise, das Opfer habe Jeans getragen.
Am 11. Dezember wird der Prozess fortgeführt. Zunächst wird der Mann gehört, der damals kurz nach der Tat den Mord an Alexandra gestanden hatte. Der Richter hatte vor Prozessbeginn die DNA des Mannes untersuchen lassen. Die Expertise des Gerichtsmedizinischen Instituts in Innsbruck schließt den Zeugen als Täter aus, berichtet der Richter. Das Ergebnis sei eindeutig negativ – die Proben stimmen nicht mit jenem genetischen Fingerabdruck überein, den der Mörder an ihrem Körper hinterlassen habe. Der heutige 33-jährige Sonderschulabsolvent sagt zu den Vortragungen des Richters aus, er sei damals nervös gewesen und habe unter Druck gestanden. Er sei „weg“ gewesen. Sein Bruder sagt aus, dass der Wiener geistig zurück geblieben sei.

Dann setzt das Gericht den Prozess mit den Aussagen der Mutter und der Geschwister des Angeklagten fort. Die Mutter sagt aus, dass ihr Sohn selten zu Hause gewesen war. Entweder sei er im Heim oder in Haft gewesen. Sie habe sich jedoch nie vorstellen können, dass ihr Sohn „so was macht“. Als er nach dem Mord an Alexandra von der Polizei vernommen wurde, habe er zur Familie gesagt, dass der Person, die solch eine Tat begeht, „der Schwanz abgeschnitten werden sollte“.
Der Bruder und die Schwestern berichten, dass ihr Bruder am Abend, als Alexandra starb, gegen 1:00 Uhr heimkam. Man sah sich noch einen Fernsehfilm an. Es sei durchaus möglich, dass ihr Bruder nachher noch wegging – das sei schon öfter vorgekommen. Zudem sei die Disco "Azzurro" sein Stammlokal gewesen.

Zwei Zeugen sagen aus, dass sie gegen 2:15 Uhr den Angeklagten vor der Disco gesehen haben.

Die Mutter von Alexandra S. gibt an, dass ihre Tochter zweimal täglich geduscht oder gebadet habe. Sie könne sich nicht vorstellen, dass ihr Typen wie Herbert P. sonderlich sympathisch waren. Die von Herbert P. aufgestellte Behauptung, ihre Tochter habe bei null Grad mit ihm auf einem Feld hinter der Disco Sex gehabt, erscheint ihr unglaubwürdig. Sie habe schon bei 15 Grad gefroren. Alexandra sei in dieser Zeit sehr in ihren Jugendfreund verliebt gewesen. Sie würde nie fremdgehen. Zudem habe sie P. nie erwähnt.
Im März 1990 wurde unter der Türmatte vor der Wohnung der Mutter der Briefkastenschlüssel von Alexandra gefunden. Wie dieser dort hingelangen konnte, konnte auch die Mutter nicht erklären. Der Angeklagte konnte den Schlüssel dort nicht versteckt haben, da er zur dieser Zeit in Haft war.

Dann haben die Gutachter und die Sachverständigen das Wort. Zunächst wird das DNA-Gutachten der Gerichtsmedizin Innsbruck vorgetragen. Zuerst wurden am Oberschenkel des Opfers mehrere silbrig glänzende Auflagerungen, die Schuppenbildung aufgewiesen haben, gefunden. Es habe sich dabei um Sperma gehandelt. Diese Spur stammt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Herbert P., da die Wahrscheinlichkeit, dass es eine zweite Person mit dem passenden gentechnischen Code gibt, bei 1:180 Milliarden liegt. Auch wurde DNA-Material im Vaginalbereich und an den Schamhaaren des Opfers gefunden. Die Analyse ergab, dass auch dieses Material von dem Angeklagten stammt. Da das Sperma eingetrocknet war, habe das Opfer sich nach Anbringen dieser Spermaspur längere Zeit in liegender Person befunden- und zwar für mindestens 30 Minuten. Diese Zeitspanne habe das Opfer bei einer Bodentemperatur von 0 Grad in unveränderter Position auf dem verwilderten Feld gelegen. Alexandra habe sich in dieser Zeit auch nicht angezogen. Sonst hätte es nämlich durchs Aufstehen bedingte Abrinnspuren bzw. Abwisch- und Abklatschspuren an der Kleidung geben müssen.

Im Anschluss wird der Obduktionsbericht der Gerichtsmedizin Wien vorgetragen. Alexandra starb durch Erdrosseln. Zudem wurde die junge Frau vergewaltigt – entsprechende Verletzungen im Vaginalbereich wurden bei der Untersuchung festgestellt. Der Geschlechtsakt wurde somit gewaltsam vollzogen. Bereits während des Geschlechtsaktes wurde das Opfer gewürgt und geschlagen. Der Körper wies eine Vielzahl von Hämatomen auf. Der Tod trat schließlich gegen 3 Uhr durch Zuhilfenahme eines Werkzeugs – in diesem Fall ein Kleidungsstück – durch Erdrosseln ein. Die Blutzufuhr zum Gehirn wurde unterbrochen, so dass der Tod schnell eintrat. Anhand der Verletzungen des Opfers sei eindeutig ein geschlechtlicher Akt im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt zu erkennen. Viele Minuten können daher nach Ansicht des Gutachters zwischen dem gewaltsamen Akt und der Tötung nicht vergangen sein.
Durch die Aussagen der Gutachter sieht die Staatsanwaltschaft die Behauptungen des Angeklagten als erschüttert an. Die junge Frau habe nicht freiwillig den Geschlechtsakt vollzogen, sondern wurde vergewaltigt. Auch habe sich Alexandra nach dem Akt nicht wieder angezogen, wie der Angeklagte behauptet hatte. Konnte sie auch nicht, denn sie wurde sofort nach der Vergewaltigung ermordet. Die Ausführungen der Gutachter bestätigen dieses.
Der Angeklagte zweifelt die Ergebnisse der Experten an. Seiner Meinung nach trocknet Sperma schneller.

Auch wurde auf Antrag des Gerichtes ein psychiatrisches Gutachten erstellt. Der Psychiater weist in seinem Gutachten hin, P. verfüge mit einem IQ von 89 zwar über einen knapp unterdurchschnittlichen Intelligenzquotienten, weise aber keine Anzeichen auf Schwachsinn oder eine Geisteskrankheit auf. Sollte es sich bei ihm um den Täter handeln, so ist die Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt gegeben.
Der Angeklagte sei jedoch im Falle einer Verurteilung in keiner gewöhnlichen Strafanstalt, sondern in einer Sonderstrafanstalt unterzubringen. Dem Sachverständigen zufolge leidet P. an einer emotionalen Instabilität, weist deutliche narzisstische Tendenzen auf. Zudem sei er suizidgefährdet, da er Gefühle anderer eher als bedrohlich ansieht. Die Gründe liegen hier etwa am ungünstigen Milieu, in dem der Angeklagte aufgewachsen sei, und am langjährigen Alkohol- und Drogenmissbrauch. In einer Sonderstrafanstalt könne man seine geistig-seelischen Abnormitäten behandeln, von welchen die Gefahr ausgehe, zukünftig weitere schwere Straftaten zu begehen.
Hinweise auf ein abnormes Sexualverhalten wurden in der psychiatrischen Untersuchung nicht festgestellt, können jedoch in Bezug auf den Angeklagten nicht ausgeschlossen werden. Fest steht jedoch, dass der Mörder von Alexandra S. anhand des Tatablaufes als Sadist einzustufen ist.

Nach den Ausführungen der Gutachter bittet das Gericht um die Plädoyers. Die Staatsanwaltschaft fordert die Höchststrafe von 15 Jahren und die Einweisung in eine Sonderstrafanstalt. Laut Psychiater zurechnungsfähig, laut DNA-Analyse der Täter und vom Gericht der Lüge überführt. Es gebe keinen vernünftigen Grund, an seiner Täterschaft zu zweifeln. Die Behauptungen des Angeklagten, er habe insgesamt vier Quickies mit dem Opfer gehabt und in der Nacht zum 26. Oktober 1988 – unmittelbar vor ihrer Ermordung durch einen Unbekannten – mit ihr einvernehmlichen Sex auf einem verwilderten Grundstück in Wien-Favoriten gehabt, seien vollkommen unglaubwürdig und durch Aussagen der Zeugen widerlegt worden. Alexandra hätte sich nie mit dem Angeklagten eingelassen, er war nicht ihr Niveau, und sie war zudem sehr in ihren Freund verliebt gewesen. Sie wäre nie fremdgegangen. Nicht mal ihren Freundinnen habe sie von dem Sex mit dem Angeklagten erzählt, auch ansonsten wusste niemand von seiner Existenz. Dies sei auch nicht verwunderlich, schließlich sei ja auch nichts passiert. Die Ausführungen von Herbert P. seien ja auch frei erfunden.
Zudem ist vor Gericht das Alibi von P. geplatzt. Er war zur Tatzeit nicht zuhause. Er sei vor der Disco "Azzurro" gewesen. Dort wurde er von mehreren Zeugen unabhängig voneinander kurz vor dem Mord gesehen. Alexandra war an diesem Abend im Oktober 1988 leider zur falschen Zeit am falschen Ort. Als sie hinausging, um ihren Freund anzurufen, erblickte der Angeklagte die schöne junge Frau und fasste den Entschluss, sie zu vergewaltigen und zu töten. Bei dieser Tat hinterließ er seinen genetischen Fingerabdruck – das wichtigste Indiz für seine Schuld. Unter Milliarden von Männern kann nur er der Täter sein, und das DNA-Material kann daher nur von ihm stammen. Leider stand diese Ermittlungshilfe zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung. Vielleicht wären andere Verbrechen nicht passiert.
Man stelle sich vor, welches Leid diese Tat über die Familie gebracht hat. Das "Hoffentlich-lässt-er-mich-am-Leben" sei der bereits vergewaltigten jungen Frau nicht vergönnt gewesen. Daher fordert die Anklage „Gerechtigkeit für den Tod des Kindes". Die Höhe der Bestrafung sei jedoch ein trauriges Kapitel. Wäre P. am 30. Juni vor Gericht gestellt worden, gäbe es für ihn lebenslang. Seit 1. Juli 2001 sieht das Gesetz allerdings für Mord maximal 20 Jahre Haft vor, wenn der Täter zum Tatzeitpunkt das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Zusätzlich müssten im Fall eines Schuldspruchs sämtliche Strafen, die er seit dem 26. Oktober 1988 verbüßt hat, abgezogen werden, so dass das Gericht über ihn konkret höchstens 15 Jahre und drei Monate Haft verhängen könnte. Diese Gesetzesänderung komme dem Angeklagten jetzt zugute.

Die Anklage fordert neben der Höchststrafe von 15 Jahren auch die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Täter. Die Einweisung in diese Sonderanstalt macht es möglich, dass der Angeklagte auch nach Verbüßung der verhängten Strafe nicht frei kommt, wenn seine Persönlichkeitsstörungen nicht in den Griff zu bekommen sind. Herbert P. sei nach wie vor gefährlich. Daran führt kein Weg vorbei. Man müsse verhindern, dass so etwas noch einmal passiert. Wenn die Geschworenen zur Überzeugung gelangen, er sei schuldig, dann seien die Geschworenen es der Bevölkerung, aber auch dem Angeklagten schuldig, ihn nicht nur zu bestrafen, sondern auch einzuweisen.

Nach Ansicht der Verteidigung bestehen an der Täterschaft des Angeklagten erhebliche Zweifel. Sie zolle den Angehörigen des Opfers Respekt und Mitleid, man dürfe Alexandra S.' Tod aber nicht einfach an einem möglicherweise Unschuldigen sühnen. Für die DNA-Spur habe der Angeklagte nachvollziehbare Aussagen gemacht. Und dass P. kurz vor dem Mord mit Alexandra zusammen war, spricht noch nicht für die Täterschaft des Angeklagten. Für den Angeklagten geht es um Leben und Tod. Das vom Staatsanwalt geforderte Strafausmaß und die Einweisung wären für ihn tödlich.

In seinem letzten Wort schwört Herbert P. auf das Leben seiner Kinder, dass er mit dem Mord nichts zu tun habe.

Eine Stunde lang beraten die acht Geschworenen. Dann wird der Angeklagte einstimmig (8-0 Stimmen) des Mordes an Alexandra S. schuldig gesprochen. Zudem wird die Höchststrafe von 15 Jahren verhängt. Das Urteil begründet sich hauptsächlich auf der kriminaltechnischen Untersuchung und der DNA-Analyse. Herbert P. hat nach Ansicht der Geschworenen in der Nacht zum 26. Oktober 1988 die damals 20 Jahre alte Alexandra S. nach einem Disco-Besuch in Wien-Favoriten überfallen, sie auf ein verwildertes Grundstück gezerrt, erdrosselt und mit ihrer eigenen Kleidung nackt an einen Baum gefesselt. Herbert P. bricht zusammen und weint. „I hab den Mord net g'macht! Das ist verrückt!“ Die "heimtückische und grausame Tatbegehung" wertet das Schwurgericht als besonderen Erschwerungsgrund. Mildernd sind demgegenüber der Geisteszustand sowie das jugendliche Alter des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat. Dem Umstand, damals noch keine 21 Jahre alt gewesen zu sein, verdankt der Angeklagte, dass sich sein möglicher Strafrahmen auf maximal 20 Jahre reduziert hat, wobei nun darüber hinaus noch zusätzlich jene vier Jahre und neun Monate in Abzug zu bringen waren, die er zwischen Alexandras Tod und der jetzigen Verhandlung im Gefängnis verbracht hatte.

Weil das Gericht ihn außerdem für gefährlich hält, wird auch die Einweisung in eine Sonderstrafanstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet. Das sei nach Ansicht des Richters als Hilfe gedacht, um seine Persönlichkeitsstörung in den Griff zu bekommen. Erneut verliert Herbert P. die Fassung und schreit den Richter an: „Das soll a Hilfe sein? Was ist da a Hilfe, i versteh gar nix mehr!“ Die Anklage verzichtet auf Rechtsmittel. Die Verteidigung meldet noch im Gerichtssaal Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Zunächst entscheidet der Oberste Gerichtshof (OGH) mit Sitz im Wiener Justizpalast über die sogenannte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. In dieser Gerichtsbarkeit wird nur der Schuldspruch auf Rechtsmängel überprüft, nicht das Strafmaß. Im April 2002 wird die Nichtigkeitsbeschwerde von Herbert P. vom OGH verworfen und der Schuldspruch des Geschworenengerichts bestätigt. Damit ist der Schuldspruch rechtskräftig.

Im Juni 2002 wird die Strafberufung der Verteidigung im Justizpalast vor dem Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Wien verhandelt. Hier wird über die Strafhöhe und die Unterbringung des Angeklagten entschieden. Der OLG besteht aus drei Richtern, die Anklage in der Berufung wird durch einen sogenannten Oberstaatsanwalt – vergleichbar mit dem Generalbundesanwalt beim BGH in Deutschland – vertreten. Die Verteidigung führt in ihrem Plädoyer aus, dass sich der Angeklagte seit dem Mord "wohlverhalten" habe, darauf sei in der ersten Instanz keine Rücksicht genommen worden. Auch die Anstaltseinweisung sei nicht richtig, da der Gutachter keine dezidiert negative Zukunftsprognose abgegeben hatte.
Die Oberstaatsanwaltschaft kontert, dass die Verbrechen an Alexandra S. "lebenslang" verdient hätten. Nur der Tatsache, dass P. zur Tatzeit unter 21 Jahre alt gewesen sei, verdanke P. die 15-jährige Haftstrafe. Eine Reduktion der Strafe aus der ersten Instanz wäre eine Verhöhnung des Opfers und seiner Angehörigen.

Der Dreiersenat folgt in seinem Urteil dem Oberstaatsanwalt. P. habe in den 13 Jahren nach der Tat sieben weitere Aburteilungen wegen diverser Delikte bekommen, von einem Wohlverhalten könne kaum gesprochen werden. Die Einweisung in eine Sonderstrafanstalt sei gerechtfertigt, da P. seine Gefährlichkeit mehrmals gezeigt hätte. Die Bevölkerung müsse vor diesem Mann geschützt werden. Mit diesem Urteilsspruch bestätigt das OLG das Strafmaß und die Einweisung des Angeklagten aus der ersten Instanz.

Herbert P., der bis heute als dringend tatverdächtig im Fall Christina B. gilt, wird wegen dieses Verbrechens nicht vor Gericht gestellt. Im März 2002 stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Herbert P. ein. Ermittler hatten am Tatort einen Lippenbalsam sowie eine mit Haaren versehene Stiefelette der erdrosselten Christina sichergestellt. Die Innsbrucker Gerichtsmedizin fand jedoch keine Hinweise auf einen Täter, da die untersuchten Spuren vom Mädchen selbst stammten.

Im Jahre 2008 legt Herbert P. Grundrechtsbeschwerde gegen das Urteil ein und will eine Wiederaufnahme des Verfahrens erreichen. Den Antrag lehnt der OGH jedoch ab: Die gesetzlichen formellen Voraussetzungen für diesen Antrag würden nicht vorliegen.

Teil 5: Der Prozess im Fall Nicole. Die Tücken der Geschworenengerichte. Der Beinahe-Freispruch trotz eindeutiger Beweislage.

Teil 5: Der Prozess im Mordfall Nicole S. und der Beinahe-Freispruch

Prozess Nicole S.

Kurz vor Prozessbeginn im Mordfall Alexandra S. wird auch im Mordfall Nicole S. ein Tatverdächtigter aufgrund einer DNA-Analyse festgenommen. Im Juni 2003 erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Mordes an Nicole S.

Im Oktober 2003 wird der Prozess gegen Michael P. vor dem Geschworenengericht im Straflandesgericht Wien eröffnet. Die Anklage wirft dem 37-Jährigen heimtückischen Mord und Vergewaltigung vor. Nicole sei ein schüchternes Kind gewesen, das niemals mit einem Fremden mitgegangen wäre. Nicole war am 22. Dezember 1990 – zwei Tage vor Weihnachten – bei Onkel und Tante zu Besuch und machte sich um 17:30 Uhr auf den Weg nach Hause. Michael P. kannte das Kind über ihre Tante, mit der er über Jahre hinweg ein geheimes Verhältnis hatte. Auf dem Heimweg fiel der Angeklagte über das wehrlose Kind her. Er zerrt das Mädchen in den Laaer Wald, vergewaltigt es zunächst anal, drosselt das Kind mit den eigenen Schuhbändern und schlägt ihr danach mit einen Ast den Schädel ein. Die Geschworenen kennen den Namen, haben das Gesicht aus der Zeitung vor sich. Ein Mädchen, das seit 13 Jahren nicht älter als acht werden kann. Erst am nächsten Tag wird die übel zugerichtete Leiche gefunden. Anfang der 90er Jahre suchte man den vermeintlichen Serien-Mädchenmörder von Favoriten. Im Fall Nicole S. war der Angeklagte als guter Bekannter der Familie sofort verdächtig. Es gab aber weder Zeugen noch Beweise. Erst Ende 2001 habe eine DNA-Analyse die Täterschaft des Angeklagten bewiesen.

Die Verteidigung erwidert, dass der Prozess nicht so klar sei, wie von Anklage dargestellt. DNA sei ein gefährlicher Weg, und DNA sei kein Wundermittel. Die DNA erzählt uns keine Geschichte – sie sei kein Zeuge und keine Waffe. Er bittet die Geschworenen, nicht auf die Falle DNA hereinzufallen. Man könne auch nicht sagen, dass jemand, der ein Kind missbraucht, es auch gleich umbringe. Zweifellos liege eine schreckliche Tat vor. Aber wir sollten nicht den Falschen erwischen. Die meisten sexuell missbrauchten Kinder werden nicht umgebracht. Zudem stehe der genaue Todeszeitpunkt bis heute nicht fest. Laut Gerichtsmedizin war dieser nach Mitternacht, so dass sieben Stunden zwischen Verschwinden und Tod verstrichen sein müssten. Kurz vor 20 Uhr wurde P. aber gesehen. Vorher gebe ihm sein Bruder ein Alibi.

Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe und sagt aus. Zur Jugend fallen ihm rasch die vielen Drogen ein. Dann habe die Kriminalität angefangen. Ein paar Diebstähle, ein paar Einbrüche, einige Körperverletzungen. Seit damals gilt er als Gewalttäter, zu Unrecht, wie er meint. Was sei überhaupt Gewalt. Die Schwester habe er einmal mit den Füßen getreten, bis sie sich nicht mehr rührte. Auch das sei keine Gewalt gewesen, nur ein Geschwisterstreit.
Er habe ein Gspusi (zu Deutsch: Techtelmechtel) mit der Tante von Nicole gehabt. Mit dem Mann von Nicoles Tante sei er seit Jahren befreundet, er sei bei ihnen zu Hause so etwas wie ein Stammgast gewesen. Und so habe er halt auch öfters Nicole gesehen, ein paarmal sogar mit ihr gespielt. Sie sei ein liebes Mädchen gewesen. Er habe am Mordabend im Simmeringer Einkaufszentrum Nicoles Onkel getroffen. Als er erzählt habe, dass Nicole noch immer nicht daheim ist, habe er ihn sofort zur Polizei geschickt. Denn man weiß ja nie. Als er dann unter Tatverdacht gerät, kann dies gar nicht nachvollziehen. Er sei kein Psychopath, er habe Nicole auch nicht umgebracht.
Der Richter fragt den Angeklagten, warum er die DNA- Analyse verweigert habe und erst zur einer Abnahme gezwungen werden musste. „I bin a Verbrecher. I kooperier' net mit der Polizei.“ Dass man seine DNA gefunden habe, sei eine Verschwörung gegen ihn – von Exekutive, Minister und Gutachtern. Er sei gelinkt worden in diesem Fall. Grund sei seine Tätigkeit als V-Mann bei der Polizei Mitte der 90er Jahre. Er habe Beamte hinters Licht geführt. Der Mordprozess sei nun die Rache dafür. Dabei habe er Nicole am Tag der Tat gar nicht gesehen.

Als erste Zeugin wird eine Freundin des Angeklagten gehört, die von 1988 bis 1992 mit P. zusammen war. „Mit Unterbrechungen“, fügte sie hinzu. Michael P.: „Sie hatte eine wechselnde Liebesbeziehung zwischen mir und meinen Brüdern.“ Einen Tag nach Nicoles Tod will sie belauscht haben, wie Michael seinen Bruder angefleht habe: „Bruderherz, wenn was passiert, gib mir ein Alibi“. Geschlagen habe er sie und das gemeinsame Kind, fügt die Zeugin hinzu. Bevor die Frau den Zeugenstand verlässt, schreit sie P. an „Du bist das Letzte vom Letzten.“

Dann ist der Bruder des Angeklagten als Zeuge geladen. Er hatte damals seinem Bruder ein Alibi gegeben. Er wird vom Richter eingehend belehrt, dass er vor Gericht die Wahrheit sagen muss und seitens der Anklage auch vereidigt wird. Sollte er hier vor Gericht lügen, drohe ihm eine Freiheitsstrafe. Nach der Belehrung verweigert der Bruder die Aussage. Die Verteidigung hatte angekündigt, der Bruder würde dem Angeklagten ein Alibi zur Tatzeit geben.
Am zweiten Prozesstag werden zunächst die Eltern von Nicole gehört. Die Mutter sagt aus, dass sie seit 13 Jahren mit dem öffentlichen Tod von Nicole leben müsse. Sie gehe im Geiste auch heute noch immer Nicoles Heimweg ab und sucht. Sie findet jedoch nichts. Natürlich sei sie erleichtert darüber, dass dieser Mann gefasst ist – „weil er nun niemals mehr einem Kind das antun kann, was er unserer Nicole angetan hat“. Aber der Schmerz sei noch genauso da, wie in den vergangenen elf Jahren. Daran habe sich nichts geändert. Und das wird auch immer so bleiben. Nicole war „ein eher ängstliches Kind, wenn sie wen nicht gekannt hat“. Sie wäre nie mit einem Fremden mitgegangen. Den Angeklagten habe sie „von Besuchen bei meiner Schwester gekannt“. Dabei sei er ihr nie als besonders seltsam aufgefallen. Komisch sei nur, dass er nach dem Mord jeglichen Kontakt zu unserer Familie abgebrochen hat. Er begründete das damals damit, dass ihn „unser Leid zu sehr bedrücken“ würde.
Der Stiefvater sagt aus, er habe noch am Abend nach Nicole gesucht und überall geschaut, ob sie im Graben liegt. Um Viertel Sieben (18:15 Uhr) sei er das erste Mal zur Bushaltestelle gegangen. Mehr war nicht zu machen. Am Abend sei er dann mit seiner Frau zur Polizei gegangen und habe Abgängigkeitsanzeige (Vermisstenanzeige) erstattet.

Dann wird die damalige beste Freundin von Nicole gehört. Sie ist inzwischen 21 Jahre und studiert in Wien. Nach ihrer Aussage soll Nicole den Tod geahnt haben. Nicole habe sich ein bis zwei Monate vor der Bluttat ein bisschen verändert. Vorher sei sie eigentlich recht lebensfroh und fröhlich gewesen, obwohl es ihr zuhause nicht so gut gegangen sei: „Die Wohnung war klein, der Stiefvater war nicht der Netteste.“ Plötzlich sei Nicole aber sehr ängstlich geworden, habe sich „vor dem Krampus gefürchte“ und „komische Sachen“ gesagt, erinnert sich die junge Frau vor Gericht: Nicole habe am letzten Schultag nicht nach Hause wollen. Sie habe ihre Lehrerin gebeten, bei ihr Weihnachten verbringen zu dürfen. „Sie hat erwähnt, dass ihr dasselbe passiert wie Christina B.“

Dann wird der Bericht der Gerichtsmedizin gehört. Nicole wurde demnach missbraucht, aber nicht in dem Waldstück, wo man ihre Leiche fand. Wo und wann genau sich die Vergewaltigung abspielte, war nicht festzustellen. Eventuell war der Tatort der Vergewaltigung ein Auto. Denn die Unterwäsche wies keine Spuren von Erdreich oder Laub auf. Der Übergriff und der gewaltsame Tod hätten „räumlich und zeitlich deutlich getrennt“ stattgefunden. Der Auffindungsort war in jedem Fall auch der Sterbeort, somit wurde Nicole nach der Vergewaltigung in das Waldstück verbracht und dort ermordert.
Todesursache sei eine Luftembolie in Folge wuchtig geführter Schläge auf den Kopf gewesen. Der Gerichtsmediziner identifiziert als Tatwerkzeug einen gut einen Meter langen und sechs Zentimeter dicken Ast. Zuvor habe der Täter offensichtlich versucht, das Mädchen zu erdrosseln – die zusammengeknoteten Schuhbänder ihrer Winterstiefel wurden unter der Leiche sichergestellt, im Nacken- und Halsbereich zeigten sich Drosselspuren. Der Mörder habe sich dabei auf die Brust des Opfers gesetzt und habe die zusammengebundenen Schuhbänder zugezogen. Möglicherweise sei Nicole bewusstlos geworden. Die drei Schläge mit dem Ast seien schließlich tödlich gewesen.

Dann wird die Frage des Todeszeitpunktes erörtert. Die Gerichtsmedizin nahm damals einen Todeszeitpunkt nicht „vor Mitternacht“ an. Dieses Gutachten wird vor Gericht zurückgenommen. Die Gerichtsmedizin habe sich in dreizehn Jahren entwickelt. Nicoles Tod könnte auch schon fünf Minuten nach dem sexuellen Übergriff auf das Kind eingetreten sein. Bis zum Tod könnten fünf bis zehn Minuten, theoretisch aber auch Stunden vergangen sein. Nach neueren Erkenntnissen starb Nicole „zwischen 17:30 Uhr und 22:30 Uhr“ – eine weitere Eingrenzung sei unmöglich. Der Tod des Mädchens wurde mit Dummys mit dem Gewicht der Toten nachgestellt, die auf Körpertemperatur gebracht und mit leicht feuchten Laub bedeckt wurden. An diesen Dummys wurde dann gemessen, wie schnell sich ein Körper bei diesen Bedingungen abkühlt. So konnte der Todeszeitpunkt näher eingegrenzt werden.

Schließlich wird das Tatwerkzeug den Geschworenen präsentiert. Damals war die Wissenschaft noch nicht so weit, ihn molekularbiologisch auf Spuren des Verbrechers zu untersuchen. Heute wäre dies möglich. Allerdings ging der Ast durch Dutzende Hände. Zuletzt lag er bei der Polizei in einem Schaukasten. Eine kriminaltechnische Untersuchung wäre daher heute nicht mehr sinnvoll.

Auch die Schuhbänder wurden damals nicht auf Spuren untersucht. Hier sei eine kriminaltechnische Untersuchung jedoch sinnvoll. Der Gutachter sagt, der Mörder müsse „das Werkzeug“ sehr fest angegriffen haben. Da gebe es Abreibspuren. Die Schuhbänder seien 1990 nur mit Handschuhen angefasst und danach in einem Plastiksack verstaut worden. Er habe allerdings keine Ahnung, wo sie aufbewahrt werden. Die Verteidigung stellt daraufhin den Antrag, die Schuhbänder ausfindig zu machen und diese kriminaltechnisch auf molekularbiologische Spuren untersuchen zu lassen. Das Gericht gibt diesem Antrag statt.

Dann wird das DNA-Gutachten der Gerichtmedizin Innsbruck vor Gericht gehört. Im Genital- und Analbereich wurden Spermaspuren sichergestellt. Als Spurenverursacher komme allein der Angeklagte infrage. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand die gleiche DNA habe, liege bei 1:1 Billion. Der Gerichtsmediziner widerspricht auch der Behauptung des Angeklagten, dass Beweise von der Polizei manipuliert worden seien. Das an der Leiche entdeckte und verwahrte Sperma habe er persönlich zur Untersuchung nach Innsbruck gebracht, es befand sich zu keinem Zeitpunkt in den Händen der Polizei. Die Übereinstimmung mit der DNA von P. zeigte sich aber erst 2001, als bei diesem zwangsweise ein DNA-Test gemacht worden war.

Dann wird ein bekannter österreichischer Kriminalpsychologe, der auch Funk und TV bekannt ist, als Zeuge geladen. Es habe zwischen Nicole und ihrem Mörder eine tiefer greifende persönliche Beziehung bestanden. Das sei etwa daran erkennbar, dass der Täter die Leiche mit Laub zudeckte, was als emotionelle Wiedergutmachung zu werten sei und nur vorkomme, wenn Täter und Opfer einander kennen. Zudem wertet der Psychologe den Mord als emotionalen "Overkill" durch die Schläge in übertriebenem Maß mit dem Ast auf den Kopf des Kindes – Verletzungen, die über den Tod hinausgingen. Das seien Indizien für Aggression gegen eine bekannte Person.

Aufgrund des Antrages der Verteidigung wird der Prozess auf den 2. Dezember vertagt. Die beantragte Analyse ergibt jedoch, dass auf den Schuhbändern keine verwertbaren biologischen Spuren sichergestellt werden. Trotz höchst sensitiver Untersuchungen hat es zu wenig intaktes Zellmaterial für eine Analyse gegeben. Nach Ansicht des Gutachters lässt das Ergebnis mehrere Schlüsse zu: Entweder habe der Täter Handschuhe verwendet, oder er hinterließ deshalb keine Abriebspuren, weil es nicht nötig war, äußerste Kraft anzuwenden, um das Kind zu erwürgen.

Als letzter Zeuge wird der damalige Mithäftling vernommen, mit dem der Angeklagte eine Zelle in der JVA Stein teilte. Als P. eine Speichelprobe abgeben sollte, fürchtete er das Ergebnis der Probe. „Ich hab' noch nie wen erlebt, der so nervös war“, erinnert sich ein damaliger Mithäftling. Er habe zwar die Tat nicht gestanden, jedoch geäußert, dass „ihn die Bullen am Sack haben, falls er zur Abnahme gezwungen werde.“ Ihm seien in dieser Zeit auch Fluchtgedanken gekommen. Er habe auch bereits ausgekundschaftet, welche Möglichkeiten für eine Flucht bestehen.

Dann werden die Plädoyers gehalten. Die Anklage sieht die Täterschaft des Angeklagten als erwiesen an. Die kriminaltechnisch festgestellten Spuren weisen eindeutig auf den Angeklagten hin. Die Wahrscheinlichkeit, dass es einen zweiten Menschen mit demselben genetischen Fingerabdruck wie den 37-jährigen Wiener Michael P. geben könnte, liege bei Eins zu einer Billion. Zudem ist sein damaliges Alibi hier vor Gericht geplatzt, da sein Bruder nicht seinetwegen ins Gefängnis gehen wollte und daher lieber die Aussage verweigert hat. Er war der Freund der Tante des Kindes, kannte das Kind. Diese Bekanntschaft hat er heimtückisch ausgenutzt. Er hat das Kind am 22. Dezember 1990 zufällig auf der Straße getroffen, als es von der Tante Weihnachtsgeschenke abgeholt hatte. Er habe Nicole dazu bewogen, ihn zu begleiten, vergewaltigt und im Laaer Wald mit einem Ast erschlagen. Er hat dieses Kind auf das Brutalste beseitigt. Die Anklage fordert die Geschworenen auf, dass sie dieses Verbrechen nicht ungesühnt lassen dürfen. Das Urteil dürfte nur schuldig und lebenslange Haft lauten.

Die Verteidigung entgegnet, die Anklägerin wolle die Richter in den Sumpf des Glaubens und Vermutens verführen, denn Beweise habe sie keine. Schließlich sei es nicht ausgeschlossen, dass ein bisher nicht ausgeforschter Täter das Mädchen am Waldboden liegen gesehen und mit den Schuhbändern, die von Nicoles Winterstiefeln stammen, erwürgt hatte. Nur weil wahrscheinlich der Angeklagte das Mädchen missbraucht, muss er deshalb nicht automatisch der Mörder der kleinen Nicole sein. Die Beweisaufnahme lässt auch dieses Ergebnis zu, denn bis heute steht noch nicht mal der genaue Todeszeitpunkt fest. Und ab 20 Uhr hat der Angeklagte ein Alibi, unabhängig von seinem Bruder. Daher sei er bzgl. des Mordvorwurfes freizusprechen.
Auf sein letztes Wort verzichtet der Angeklagte und betont nur, dass die Anklage eine Verschwörung gegen ihn sei. Nach der Belehrung des Richters ziehen sich die Geschworenen zurück und beraten mehrere Stunden. Am 3. Dezember 2003 sprechen die Geschworenen das Urteil.

Der Hammer: Nur 5 von 8 Geschworenen sprechen den Angeklagten für den Mord an Nicole für schuldig, 3 Geschworenen halten den Angeklagten für unschuldig. Auch hinsichtlich des Schuldspruches des sexuellen Missbrauchs fällt das Urteil nicht einstimmig aus: 7 Geschworene sehen den sexuellen Missbrauch als erwiesen an, einer plädiert auf Freispruch. Das Geschworenengericht verurteilt aufgrund der Abstimmung in Absprache mit den Richtern den Angeklagten P. zur einer lebenslangen Haft. Bei der Strafbemessung schlagen sich die besondere Brutalität bei der Tatbegehung sowie der Missbrauch eines Vertrauensverhältnisses erschwerend nieder. Das Gericht geht demnach davon aus, dass Nicole S. Michael P. nicht begleitet hätte, hätte sie ihn nicht schon länger gekannt. Angesichts dieser Umstände erscheine die Höchststrafe angemessen. Noch im Gerichtssaal legt die Verteidigung Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Schuldspruch bzgl. des Mordvorwurfes ein.

Im Juli 2004 verwirft das Oberlandgericht Wien die Berufung und die Nichtigkeitsbeschwerde. Die vom Erstgericht für den grausamen Mädchenmord verhängte Strafe sei keinerlei Veränderung zugänglich. Dem mehrfach vorbestraften Mann wird eine unverbesserliche schwer kriminelle Neigung bescheinigt. Dies und die besondere Brutalität der Tat ließen keinen Platz für ein Abrücken von der Höchststrafe. Sowohl der Schuldspruch als auch das Strafmaß sind mit diesem Urteil rechtskräftig.

Letzter Teil: Geschworenengerichte – immer für eine Überraschung gut. Und eine Abschlussbemerkung

Teil 6: Die Tücke der Geschworenengerichte

Zur Klarstellung: 3 Morde – zwei sind aufgeklärt – zwei verschiedene Täter. Im Mordfall Christina B. gilt Herbert P. unter Juristen und Gutachtern bis heute als tatverdächtig. Ein Nachweis ist bis heute nicht gelungen. Sollte dieser noch gelingen, ist entscheidend, wie alt P. zum Tatzeitpunkt war. Sollte er das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist eine weitere Verurteilung aufgrund der Gesetzeslage in Österreich nicht möglich. P. hat die Höchststrafe, die für Heranwachsende gilt, dann bereits durch die erste Verurteilung verbüßt.

Sollte er älter als 21 Jahre gewesen sein, wäre eine erneute Verurteilung (unter Einbeziehung der ersten Verurteilung) möglich. (Das genaue Geburtsdatum ist mir leider nicht bekannt.)
Ich habe schon mal ein Review über einen Fall geschrieben, der vor einem Geschworenengericht verhandelt wurde. Dies war ein Fall aus der Schweiz und ich habe diese Art der Gerichtsbarkeit scharf kritisiert. Seit 2011 hat fast jeder Kanton in der Schweiz das Geschworenengericht abgeschafft. In Deutschland wurden Geschworenengerichte bereits 1924 abgeschafft, obwohl der Name Schwurgericht beibehalten wurde. Das Schwurgericht ist in Deutschland mit drei Berufsrichtern und 2 Laienrichtern besetzt, die gemeinsam über die Schuld und das Strafmaß entscheiden.

In Österreich gibt es – obwohl auf politischer Ebene die Abschaffung häufig diskutiert wird – immer noch diese Art der Gerichte. In Amerika wäre Michael P. von beiden Anklagepunkten freigesprochen worden, hier gilt der Grundsatz der Einstimmigkeit der Geschworenen. Hätte im Fall Nicole S. nur ein weiterer Geschworener für "unschuldig" gestimmt, wäre P. bei einer 4-4 Entscheidung freigesprochen worden.
Das Problem bei dieser Art von Gerichten ist, dass sich die Laienrichter von tatsächlichen Fakten durch die Rhetorik der Anwälte bzw. Staatsanwälte ablenken lassen und so eventuell leicht den Blick auf das Wesentliche verlieren. Beide Seiten präsentieren aus ihrer Sicht und somit aus unterschiedlichen Perspektiven den angeklagten Sachverhalt, von denen naturgemäß nur eine Sichtweise stimmen kann. Diejenige Person, der die bessere Redegewandtheit aufweist und die bessere "Show" vor Gericht abliefert, hat die besseren Chancen, die Geschworenen von ihrem Standpunkt zu überzeugen. Gerade in Amerika ist dies häufiger zu beobachten.
Das knappe Ergebnis im Fall Nicole S. ist aber mit Sicherheit auch der fehlenden Vertrautheit mit der Methode DNA geschuldet. Die Analysemethode steckte damals noch in Kinderschuhen und wurde auch bei Juristen mit Skepsis verfolgt. Erst in den letzten 10 Jahren hat die DNA Methode ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit und auf Juristenebene erhalten.

Nach dem Mord an Christina wurden die Sicherheitsvorkehrungen in der PAHO verschärft. Das oberste Stockwerk ist für Bewohner und Fremde nicht mehr betretbar – es wurden spezielle Türen eingebaut, deren Schlüssel nur der Hausmeister des jeweiligen Blocks besitzt. Zudem wurden Gegensprechanlagen von der Gemeinde in jeden Block der Siedlung eingebaut. Jedes Stockwerk verfügt über spezielle Türen, die nur durch einen entsprechenden Schlüssel der jeweiligen Bewohner des Stockwerks geöffnet werden können.

Beide Täter verbüßen ihre Strafen in der JVA Stein im Bundesland Niederösterreich – Herbert P. sitzt im Maßnahmenvollzug für geistig abnorme Rechtsbrecher ein. Herbert P. kann dieses Jahr freikommen, wenn Gutachter ihn als ungefährlich einstufen. Michael P. kann Ende nächsten Jahres einen Antrag auf Aussetzung der Reststrafe auf Bewährung stellen- diese Möglichkeit sieht das Gesetz bei einer lebenslangen Haft nach 15 Jahren vor. Die durchschnittliche Haftdauer bei einer lebenslangen Verurteilung beträgt jedoch in Österreich 23 Jahre.

Auch heute genießen die Morde von Favoriten noch eine hohe Medienpräsenz. Gerade bei Morden an Kindern in Wien wird vor allem der ungeklärte Mord an Christina B. ins Gedächtnis der Bevölkerung gerufen. Das Traurige ist, dass – wenn Herbert P. wirklich auch der Mörder von Christina sein sollte – dieses Verbrechen nicht passiert wäre, da er bereits wenige Tage nach dem Mord an Alexandra als Tatverdächtigter vernommen wurde. Es fehlte lediglich ein Beweis – die Möglichkeit der DNA-Analyse.

Alexandra wäre heute (2015) 47 Jahre, Christina 36 Jahre und Nicole 34 Jahre alt.

Quellennachweise

  • Presseartikel Der Standard, Oberösterreichische Nachrichten, Salzburger Nachrichten, Wiener Arbeiter-Zeitung
  • Pressemitteilungen des Justizpalastes Wien
  • Pressemitteilungen des OHG
  • Urteilssammlungen des Straflandesgerichts Wien
  • eigene Recherchen
  • freie Artikel

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